(„Zipper“ directed by Mora Stephens, 2015)
Er ist smart, gutaussehend, erfolgreich und frei jeglichen Makels – für den Staatsanwalt Sam Ellis (Patrick Wilson) geht es derzeit steil bergauf. Darüber hinaus winkt dem ehrgeizigen jungen Mann auch schon eine politische Karriere. Wäre da nur nicht seine Sexsucht. Während er dieser zunächst durch Pornos und Masturbation Herr wird, bringt ihn die Begegnung mit einem Escort Girl auf den Geschmack, seine diversen geheimen Fantasien mit bezahlten Damen auszuleben. Erleichterung bringt das jedoch keine, im Gegenteil: Immer tiefer schlittert Sam in die Abhängig, es fällt ihm zunehmend schwerer, seiner Frau Jeannie (Lena Headey) die Seitensprünge zu verheimlichen. Und dann fängt auch noch der Journalist Nigel Coaker (Ray Winstone) an, in seinem Leben herumzuschnüffeln.
„Politiker haben doch alle Dreck am Stecken!“ Sonderlich schwierig ist es nicht, zu diesem Schluss zu kommen, die Zeit, in der unsere gewählten Leitwölfe gleichzeitig eine Vorbildfunktion hatten, die ist schon eine ganze Weile vorbei. Zipper, so scheint es anfangs zumindest, schlägt auch in diese Kerbe und präsentiert uns einen Strahlemann, der keine Probleme damit, Ehefrau und künftige Wähler nach Strich und Faden zu betrügen. Wie unterhaltsam solche Mauscheleien sein können, das zeigt uns der Dauerbrenner House of Cards seit vier Folgen schon. Warum also nicht auch mal wieder einen Film zu dem Thema?
So ganz funktioniert der Vergleich aber nicht, auch wenn das DVD-Cover von Zipper diesen aus naheliegenden Gründen bemühen. Eigentlich will der Film von Regisseurin und Ko-Autorin Mora Stephens nämlich ein Drama sein. Auch das ist legitim, spannende Filme über Süchte hat es im Laufe der Zeit ja genug gegeben – siehe Flight, siehe Shame. Aufnehmen kann es das Porträt von Sam mit diesen Kollegen jedoch nicht, dafür bleibt es bei aller Ekstase zu blutleer. Immer wieder wird darüber gesprochen, über Leidenschaften, über Abgründe, über abstrakte Begriffe wie Moral oder Ehre. Gefühlt ist davon aber nichts so wirklich: Um einen Absturz und Kontrollverlust aufzuzeigen, braucht es dann doch noch mehr als einen heimlich unter der Decke masturbierenden Patrick Wilson oder eine regelmäßig ausgetauschte Bettgespielin.
Gerade die erste Hälfte von Zipper ist deshalb auch ziemlich langweilig, schafft es weder auf der persönlichen, noch der körperlichen Seite wirklich zu packen – dafür ist beides zu halbherzig. Besser sieht es gegen Ende aus, wenn gar nicht mehr versucht wird, dem sauberen und konturlosen Vorzeigeanwalt innere Abgründe anzudichten, sondern der Film sich mehr am Thrillergewand versucht. Dann endlich darf die Geschichte an Fahrt aufnahmen und sich ein paar mal überschlagen, der Zuschauer mitfiebern, was denn wohl noch alles passieren mag. Für den Endspurt allein lohnt sich Zipper jedoch nicht, dafür ist er mit knapp zwei Stunden einfach zu lang, zum Schluss auch nicht so provokativ, wie er es gern wäre. Dank der attraktiven Besetzung kann man sich das Ganze sicher ansehen. Die Wahrscheinlichkeit, danach süchtig zu werden, ist jedoch relativ gering.
(Anzeige)