(„The Animals of Farthing Wood – Season 2“ directed by Elphin Lloyd-Jones, Philippe Leclerc, 1994)
Der Weg war lang und beschwerlich gewesen, forderte zwischendurch auch so manches Opfer. Am Ende aber erreichten die aus ihrer Heimat vertriebenen Tiere des Thalerwalds doch noch den von Menschenhand unberührten Weißhirschpark, der ihr neues Zuhause werden soll. Dessen Oberhaupt, der titelgebende Weißhirsch, heißt die Neuankömmlinge auch schnell willkommen. Andere Bewohner sind jedoch weniger glücklich über die fremden Tiere, die ihnen nun Platz und Futter streitig machen. Vor allem die Blaufüchse tun alles dafür, damit die vom Rotfuchs angeführte Schar sich nicht allzu heimisch fühlt. Bis der Konflikt seine ersten Opfer fordert.
Welche Folgen hat es eigentlich für die Tiere, wenn wir ihnen Wälder und Wiesen wegnehmen? Die erste Staffel der Romanverfilmung Als die Tiere den Wald verließen war ein ebenso leidenschaftliches wie ungeschöntes Plädoyer für den Naturschutz, der einem die Schattenseiten der menschlichen Ausbreitung von Rodungen über giftigen Pflanzenschutz bis hin zu gefährlichen Straßen vor Augen führte. Aber Ende gut, alles gut, die Belohnung für die Strapazen war der legendäre Weißhirschpark, in dem Tiere noch ungestört Tiere sein dürfen.
Was natürlich die Frage nach sich zog: was nun? Wie soll eine Geschichte fortgesetzt werden, deren eigentliches Thema bereits abgeschlossen war? Tatsächlich spielt die Bedrohung durch die Menschen in der zweiten Staffel keine große Rolle mehr, so wie diese allgemein fast nicht mehr auftauchen. Zwischendurch sorgen einige Wilderer für Unruhe, ansonsten aber gibt es nur einen Menschen im Park: der Aufseher. Und der kämpft nicht gegen die Tiere, sondern für sie, kümmert sich um die Verletzten und Schwachen. Stattdessen dreht sich jetzt alles um die Konflikte innerhalb des Tierreiches.
Das hat dann auch Auswirkungen auf die Serie an sich, die im zweiten Anlauf zwar nahtlos an Staffel 1 anschließt und dieser prinzipiell auch ähnlich ist, gleichzeitig aber auch völlig anders. Die pädagogischen Töne, welche die auf einem Buch von Colin Dann basierende Geschichte anfangs auszeichnete, sind nun verschwunden: Weder macht sich Als die Tiere den Wald verließen für den Erhalt der Natur stark, noch für den Zusammenhalt der Tiere. Wo zuvor noch versucht wurde, gemeinsam einen Ausweg zu finden, wird nun begonnen, sich gegenseitig zu zerfleischen. Und das ist hier durchaus wörtlich zu verstehen. In erster Linie betrifft das die Auseinandersetzungen zwischen den beiden Fuchsarten, die – auch das unterscheidet die europäische Koproduktion von der Konkurrenz – keine eindeutigen Helden kennt. Selbst der Fuchs, der zuvor so besonnen die Tiere in die neue Heimat führte, ist nun dazu bereit, über Leichen zu gehen, um sich und den Nachwuchs zu schützen.
Schon die erste Staffel ging nicht unbedingt zimperlich mit der jungen Zielgruppe um, wurde zwar nie explizit gewalttätig, der Tod war aber auch so ein ständiger Begleiter. Das ist in der zweiten Staffel noch etwas ausgeprägter: Selbst liebgewonnene Serienurgesteine haben hier keine automatische Überlebensgarantie, andere Charaktere können ihrem Ende zwar entgehen, werden dabei aber teils übel verstümmelt. Es ist also schon recht harter Tobak, den Als die Tiere den Wald verließen da auf die Zuschauer loslässt, zu jung sollten diese also nicht sein. Von der vermeintlich heilen Welt ist nichts übrig geblieben, dafür ist hier angesichts des tatsächlich offenen Ausgangs die Spannung auf einem hohen Niveau. Anders als bei der Schwesternserie Oiski! Poiski! gibt es zudem eine echte Entwicklung innerhalb der Geschichte, was das Tierabenteuer auch für Erwachsene interessant macht, selbst wenn es die grundsätzlich realistisch gehaltene Optik technisch nach wie vor nicht mit den großen Zeichentrickfilmen aus den USA aufnehmen kann.
(Anzeige)