(„Broadchurch – Season 2“ directed by James Strong, Jessica Hobbs, Jonathan Teplitzky, Mike Barker, 2015)
In dem kleinen beschaulichen Broadchurch ist auch Monate nach dem Mord des 11-jährigen Danny keine Ruhe eingekehrt. Detective Sergeant Ellie Miller (Olivia Colman), die nicht damit fertig wird, dass ausgerechnet ihr Mann Joe (Matthew Gravelle) der Täter ist, hat den Ort deshalb auch schon länger verlassen. Als endlich der Mordprozess beginnt, hoffen nicht nur sie, sondern auch Dannys Eltern Beth (Jodie Whittaker) und Mark (Andrew Buchan) darauf, endlich einen Abschluss zu finden. Doch dann widerruft Joe sein Geständnis und plädiert auf nicht schuldig. Für die Beteiligten geht der Alptraum nun von vorne los, muss die ganze Geschichte doch erneut aufgearbeitet werden – dieses Mal vor Gericht und der Öffentlichkeit. Während die Einwohner von Broadchurch mit alten und neuen Wunden zu kämpfen haben, wird Polizeichef Alec Hardy (David Tennant) von seiner eigenen Vergangenheit heimgesucht: Claire Ripley (Eve Myles), die in einem früheren Mordfall gegen ihren Mann Lee Ashworth (James D’Arcy) ausgesagt hat, fürchtet, dass dieser zurückgekehrt ist und sie nun verfolgt.
Als Broadchurch vor nunmehr drei Jahren an den Start ging, war die Serie einer der Vorreiter einer ganz anderen Art Krimi: Anstatt jede Folge einen neuen Fall lösen zu müssen, zog sich dieser nun über eine komplette Staffel hinweg. Diese Entschleunigung bedeutete zwar weniger Nervenkitzel, erlaubte den Machern dafür, bei den Figuren deutlich mehr in die Tiefe zu gehen und die zwischenmenschlichen Verflechtungen fein säuberlich auszuarbeiten. Staffel eins war damit nicht nur die Geschichte eines Mordes, sondern gleichzeitig auch die einer Gemeinschaft, die an eben jenem Mord zerbricht.
Staffel zwei schließt nun nahtlos daran an, inhaltlich wie konzeptionell, und präsentiert die gewohnte Mischung aus Krimi und Drama. Die Entscheidung, Dannys Mordfall durch einen kleinen Kniff noch einmal neu aufzuziehen, ist dabei ein zweiseitiges Schwert. Für Krimifans ist sie natürlich enttäuschend, Tathergang und Ergebnis sind schließlich längst bekannt: Wenn vor Gericht alles ein zweites Mal durchgesprochen wird, bedeutet das für alte Hasen viele Wiederholungen. Zu viele sogar, zwischenzeitlich wird es ein wenig langweilig. Wer sich mehr für das zwischenmenschliche Drama interessierte, wird dagegen seine Freude haben, hier wird so viel in alten Wunden herumgestochert, dass einem schon vom Zusehen alles weh tut.
Für den Fall, dass dies alles nicht reichen sollte, wurden noch zwei weitere Figurenkonstellationen hinzugefügt. Die eine betrifft zwei Anwältinnen (Charlotte Rampling, Marianne Jean-Baptiste), die einst zusammenarbeiteten, sich im Streit trennten und nun ausgerechnet bei jenem brisanten Fall um den ermordeten Danny wieder aufeinandertreffen. Die andere das schon in der ersten Staffel angedeutete Verbrechen, welches an Hardy nagte und dazu bewegte, in Broadchurch einen Neuanfang zu starten. Inhaltlich interessanter ist sicher der Mordhandlungsstrang, der einen mit vielen falschen Spuren und verkorksten Figuren an den Bildschirm fesselt. Die tragischen Hintergrundgeschichten der Gesetzesvertreter setzen hingegen zu sehr aufs Drama, die schon im Krimiteil nicht besonders hohe Glaubwürdigkeit wird hier zu einem größeren Störfaktor.
Dafür gibt sie den beiden Schauspielerinnen viel Raum zum Glänzen: Wenn Beruf und Privates miteinander verschmelzen, zwei gegensätzliche auch von persönlichen Befindlichkeiten geprägte Weltansichten aufeinanderprallen, dann ist das für Rampling und Jean-Baptiste ein willkommener Anlass für intensive Szenen. Nicht dass Broadchurch an diesen mangeln würde, ebenso wenig an guten bis fantastischen Darstellungen. Vor allem das manchmal fast schon komische Aneinanderreiben von Miller und Hardy zeichnet die Serie auch die neuen acht Folgen lang aus. Hinzu kommen erneut schöne Aufnahmen der englischen Landschaft. Manchmal gibt sich die Kamera dieser Liebe ein bisschen zu sehr hin, die ständigen Kamerafahrten, bis die Protagonisten ganz groß erscheinen, sind auf Dauer ein wenig irritierend. Insgesamt bietet die zweite Staffel aber ein willkommenes Wiedersehen mit alten Figuren, das zudem die Grundlage für eine dritte Staffel schafft, die auch bereits angekündigt ist und die Serie abschließen soll.
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