(„Hakujaden“ directed by Kazuhiko Okabe and Taiji Yabushita, 1958)
Als Junge kaufte sich Xu-Xian einst eine schöne, weiße Schlange, die er über alles liebte, die er auf Druck der anderen jedoch wieder aussetzen musste – aus Furcht vor magischen Kräften. Es sollte Jahre dauern, bis die beiden sich wieder treffen. Xu-Xian ist inzwischen zu einem jungen Mann herangewachsen, während das tatsächlich magisch begabte Reptil ihm in der Gestalt einer hübschen Frau begegnet. Es dauert nicht lange, bis die beiden sich ineinander verlieben. Doch es gibt jemanden, der diesem Glück nicht traut: Priester Fa-Hai, der in der Schlange eine böse Macht sieht, vor der es die Menschen zu schützen gilt.
Das japanische Studio Toei Animation leistete einen nicht unerheblichen Beitrag bei der Etablierung von Animes im Westen in den 90ern, selbst als wenig bewanderter Zuschauer stehen die Chancen nicht schlecht, irgendwann einmal über eine der zahlreichen Endlosserien gestolpert zu sein – etwa Dragon Ball, Sailor Moon oder Digimon. Die Ursprünge von Toei sind dabei schon deutlich älter, tatsächlich waren sie auch in der Heimat einer der Vorreiter des modernen Zeichentricks. Los ging es 1958 mit Erzählung einer weißen Schlange, dem ersten eigenen Animefilm sowie dem ersten farbigen Animefilm überhaupt.
Das betagte Alter sieht man der Fantasyromanze erstaunlich wenig an: Die dem historischen China nachempfundenen Hintergründe sind auch bald 60 Jahre später sehr stimmungsvoll, fangen sowohl den Schauplatz wie auch die märchenhafte Atmosphäre schön ein. Die Animationen sind ein etwas zwiespältiges Vergnügen, sind mal gut anzusehen, an anderen Stellen eher rudimentär, vor allem während der actionreicheren Szenen. Die leiden auch unter den noch kaum entwickelten Spezialeffekte-Kenntnissen jener Zeit, gerade der große Endkampf ist schon sehr primitiv.
Interessant: Die Figuren haben optisch nur wenig mit dem gemeinsam, was wir heute unter Animes verstehen. Die Menschen sind, gemessen an dem Fantasy-Umfeld, ziemlich realistisch gehalten und eindeutig als asiatisch zu erkennen. Die tierischen Begleiter innerhalb des Films, allen voran ein Panda und ein Roter Panda namens Mimi, welche Xu-Xian die Treue halten, haben wiederum einen größeren Knuddelfaktor. Wie bei Toeis folgendem zweiten Film Der Zauberer und die Banditen so ist auch „rzählung einer weißen Schlange recht offensichtlich davon geprägt, das Disney-Erfolgsrezept (Märchen plus Musik plus süße Tiere) zu übernehmen und mit eigenen Elementen zu kombinieren.
Wobei die Grundlage des Films kein japanisches Märchen bildet, sondern ein chinesisches, welches unzählige Male für Theater, Kino und Fernsehen adaptiert wurde, unter anderem auch in Die Legende der weißen Schlange. Die uns grundsätzlich eher fremde Mythologie ist natürlich aufgrund ihrer Exotik nicht ohne Reiz, wurde jedoch für Nichtkenner zu wenig vorgestellt, vieles erschließt sich nicht so recht. Verstärkt wird das dadurch, dass der gerade einmal 75 Minuten lange Streifen sehr viel Zeit auf die Nebenfiguren verschwendet, auf die Abenteuer von dem Panda und Mimi. Jüngere Zuschauer werden sich über die schon sehr auf süß gemachten Szenen freuen, für die eigentliche Handlung sind die jedoch größtenteils irrelevant.
So richtig in den Fluss kommt der Film dann auch nicht, bei der wirren Kombination von tierischen Auftritten und etwas schwülstigen Liebesszenen verliert Erzählung einer weißen Schlange immer wieder den Faden. Allein schon aus historischen Gründen ist das Animefrühwerk aber trotz allem einen Blick wert, umso mehr, da er Studio-Ghibli-Legende Hayao Miyazaki zu seinem Schaffen inspirierte und damit auch indirekt Geschichte schrieb.
(Anzeige)