Mr Holmes
© Alamode Film

Mr. Holmes

(„Mr. Holmes“ directed by Bill Condon, 2015)

Mr Holmes DVD
„Mr. Holmes“ erscheint am 22. April auf DVD und Blu-ray

Aus dem Kampf gegen die Verbrecher dieser Welt hat sich der inzwischen 93-jährige Sherlock Holmes (Ian McKellen) schon vor langer Zeit zurückgezogen. Heute kümmert er sich nur noch um seine Bienen, seit dem Tod seiner alten Mitstreiter lässt er ausschließlich seine Haushälterin Mrs. Munro (Laura Linney) und dessen Sohn Roger (Milo Parker) in seine Nähe. Der einzige Kampf, der ihn heute noch interessiert, ist der gegen das Vergessen: Seit einiger Zeit schon leidet der frühere Meisterdetektiv an Gedächtnisschwund, bis ins ferne Japan ist er gereist, um ein Heilmittel zu finden. Vergeblich. Dabei gibt es so viel, an das er sich erinnern will. Zum Beispiel an seinen letzten Fall, in dem es um die schöne Ann Kelmot (Hattie Morahan) ging. Was war damals nur passiert? Weshalb konnte er ihn seinerzeit nicht lösen? Warum hat er damals seine Arbeit aufgegeben?

Es ist irgendwo das Schicksal von berühmten Persönlichkeiten, dass der Rest der Menschheit sie sich zu eigen machen will. Das betrifft nicht nur reale Stars, auf die auch abseits von Leinwand oder Bühne Besitzansprüche geltend gemacht werden, sondern auch fiktive. Sherlock Holmes zum Beispiel. Gerade einmal vier Romane und 56 Kurzgeschichten schrieb dessen Schöpfer Sir Arthur Conan Doyle, die Zahl an Geschichten, welche andere Autoren seither geschrieben hat, geht in die Hunderte. Und auch in Film und Fernsehen gab es nicht gerade einen Mangel an Nachwuchsdetektiven: Mehr als 70 Schauspieler sollen im Lauf der Zeit Holmes verkörpert und zur meistgespielten Figur gemacht haben.

Zuletzt ging der Trend ja zu eher jungen Holmes-Figuren, sowie zu actionbetonten, teils humorvollen Geschichten, die auch vor Selbstironie nicht Halt machten – siehe Sherlock Holmes, siehe Sherlock, siehe Elementary. Mr. Holmes ist nun so etwas wie der Gegenentwurf zu der Modernisierung des bekannten Stoffs. Ein paar witzigere Momente gibt, etwa wenn der Medienrummel von Holmes auf die Schippe genommen wird. Ansonsten aber wird der bekannte Detektiv auf eine recht ruhige, dafür emotionale Art und Weise auseinandergenommen. Spannende Verfolgungsjagden? Die gibt es nicht, Holmes schafft es hier ja kaum, ein paar Schritte zu gehen, ohne zu stürzen.

Eine Witzfigur ist das betagte Genie dennoch nicht, vielmehr blitzt hinter dem gebrechlichen Körper und dem nebelverhangenen Geist immer wieder die gewohnte Brillanz hervor. Ein Teil von Mr. Holmes handelt dann auch genau davon, den Auswirkungen des Alters und der Demenzkrankheit, vergleichbar etwa mit Still Alice. Gleichzeitig geht es aber auch um Aussöhnung, Aussöhnung mit der Vergangenheit, mit dem Umfeld. Wo andere Neuinterpretationen nach Spuren und Tätern suchen, sucht das auf Mitch Cullins Roman „A Slight Trick of the Mind“ basierende Drama nach dem Menschen Sherlock Holmes.

Für Krimifreunde ist der Film daher nur bedingt unterhaltsam. Der Fall um Anne, der den betagten Holmes so umtreibt, rückt immer wieder in den Hintergrund, ist vielmehr der Auslöser für ihn, sich mit seiner Vergangenheit zu befassen. Spannend ist Mr. Holmes aber trotz seines gemächlichen Tempos und des Fehlens eines echten Verbrechens. Das liegt zum einen an der etwas speziellen Erzählweise, die drei verschiedene Ebenen miteinander verknüpft und dabei oft die Grenzen aufhebt – was nicht nur dem verwirrten Geist von Holmes entspricht, sondern auch inhaltlich später Sinn ergibt. Zum anderen geht das Zerbröckeln der reinen Logikfassade mit diversen bewegenden Momenten einher. Die sind zum Teil recht konventionell, manche mögen sie auch gefühlsduselig finden, fügen sich aber doch zu einem stimmigen und von McKellen fabelhaft gespielten Charakterporträt eines sehr ungewöhnlichen Menschen zusammen.



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Sherlock Holmes einmal anders – wenn hier der 93-jährige Meisterdetektiv gegen das Vergessen kämpft und nach der Lösung für einen lang zurückliegenden Fall sucht, ist das als Krimi zwar nur bedingt brauchbar, aber ein spannend erzähltes und wunderbar gespieltes Charakterporträt.
8
von 10