(„Thermae Romae“ directed by Azuma Tani, 2012)
Schlimmer hätte es für den Römer Lucius nicht kommen können: Seine Entwürfe für das öffentliche Bad seien altmodisch, heißt es. Er solle sich etwas Neues überlegen, ein bisschen mit der Zeit gehen, schließlich schreibe man bereits das Jahr 128 n. Chr! Aber woher diese neuen Ideen nehmen, wenn nicht stehlen? Da kommt ihm der Zufall zu Hilfe. Genauer ist es ein Abfluss im Wasserbecken, durch welches der Baddesigner gesogen wird, bevor er im modernen Japan wieder auftaucht. Dort findet er die ersehnten Inspirationen, um zurück in seiner Heimat (und Vergangenheit) die Geschichte des römischen Bades neu zu schreiben.
Als 2005 das Programmformat noitaminA an den Start ging, dann um dem Publikum etwas andere Animes zu bieten, auch andere Zuschauer jenseits der üblichen Zielgruppe anzusprechen. Ob dieser Anspruch heute noch so besteht, darüber darf man angesichts diverser enttäuschender, recht austauschbarer Serien geteilter Meinung sein. Hin und wieder trifft man sie aber noch, diese „anderen Animes“. So wie Thermae Romae, welches im Januar 2012 an den Start ging, als 32. Sendung im berühmten Sendeblock, und mit keiner der Vorgänger auch nur irgendwie zu vergleichen wäre.
Das betrifft zunächst natürlich die völlig absurde Prämisse. Ein römischer Badbauer, der durch die Zeit reist und sich in modernen japanischen Bädern Inspirationen sucht? Wer kommt denn auf eine derart bescheuerte Idee? Antwort: Mari Yamazaki, auf deren gleichnamigem, preisgekröntem Manga Thermae Romae basiert. Komisch ist aber auch die Gestaltung. Das Animationsstudio DLE, welches am ehesten noch für seine Flash-Reihe Eagle Talon bekannt ist, setzte den Comic mit eben dieser Technik um. Und das sieht man. Animationen sind hier eher die Ausnahme, eigentlich werden Figuren nur auf einer Ebene hin und her bewegt, manchmal zucken vielleicht die Lippen ein wenig. Für einen regulären Anime wäre das natürlich ein Desaster, im Zusammenhang mit dem grotesken Inhalt wird daraus aber eine tatsächlich amüsante Angelegenheit. Wenn Lucius eine neue Erleuchtung bekommt, zum Beispiel beim Anblick eines im heißen Wasser gekochten Hühnereis, dann ist das dermaßen übertrieben dargestellt, dass man schon vor lauter Ungläubigkeit vergisst, wieder auszuschalten.
Auf Dauer ist das Konzept natürlich ziemlich dünn, trotz der kurzen Laufzeit – jede der sechs Folgen ist rund zehn Minuten lang – hat sich der Humor sehr schnell abgenützt. Hier wird nichts variiert, alle Geschichten laufen nach demselben Muster. Die Vergleichsmöglichkeiten, welche eine so unmögliche Begegnung mit sich bringt, wurden dabei völlig ignoriert, bei Thermae Romae gibt es keinen echten Austausch, keinen tatsächlichen Culture-Clash-Humor, sondern lediglich eine Aneinanderreihung von kleinen harmlosen Albernheiten.
Das ist zwar schon alles irgendwo nett, zumal hin und wieder auch mit den Sprachproblemen gespielt wird, die bei einem Aufeinandertreffen von alten Römern und heutigen Japanern zwangsläufig auftreten. Aber es ist eben nur das: nett. Insofern hält sich der Verlust auch in Grenzen, dass die Serie, wie auch die beiden später entstandenen Realverfilmungen, nie in Deutschland veröffentlicht wurden. Wer die noitaminA-Sendungen sammelt oder allgemein kleinere Kuriositäten, bekommt für vergleichsweise wenig Geld die Serie aus den USA oder Australien. Richtig lohnenswert ist der Aufwand aber nicht.
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