(„Visions“ directed by Kevin Greutert, 2015)
Das neue Zuhause in dem abgelegenen Weingut hätte ein Neuanfang für Eveleigh (Isla Fisher) und David (Anson Mount) werden sollen. Die Chance, den schrecklichen Autounfall zu vergessen und mit ihrem bald geborenen Baby glücklich zu werden. Aber so ganz will das mit dem idyllischen Leben nicht klappen. Nicht nur, dass die beiden erst mühselig die Alteingesessenen von sich überzeugen müssen, Eveleigh wird immer wieder von fürchterlichen Visionen heimgesucht. Für ihren Arzt Dr. Mathison (Jim Parsons) ist die Sache klar: Es handelt sich dabei um die Folgen einer Depression, hervorgerufen durch die Weigerung der Hochschwangeren, ihre Psychopharmaka zu nehmen. Unterstützung findet die werdende Mutter allein bei Sadie (Gillian Jacobs), welche sie in einem Schwangerschaftskurs kennenlernt und mit der sie die Hintergründe ihres Hauses zu erforschen beginnt.
Ein Film ist meist nur so gut wie sein Ende. Ist dieses gelungen, kann es das Vorangegangene aufwerten, es teilweise sogar besser erscheinen lassen, als es war. Missglückt ist, hinterlässt das einen bitteren Nachgeschmack, der den Rest zu überdecken bedroht. Die Macher von Visions spekulierten eindeutig auf Ersteres und gönnten dem Film einen späten Twist, der wie bei The Sixth Sense oder auch The Others alles auf den Kopf stellt. In die Horrorgeschichte wird der Streifen dennoch nicht eingehen, beweist er doch, dass ein gutes Ende zwar wichtig, aber doch nicht alles ist.
Dass der Twist überhaupt so gut funktioniert und die eigenen Erwartungen unterläuft, liegt auch daran, dass Visions vorher alles dafür tut, diese auf Teufel komm raus zu erfüllen. Wortwörtlich. Wir haben eine Hauptfigur, welche psychisch angeknackst ist, wodurch offengelassen werden soll, ob die Horrorvisionen real oder nicht sind. Wir haben ein abgelegenes Haus mit einer dunklen Vergangenheit, über die niemand sprechen mag. Wir haben Nachbarn mit Immigrationshintergrund, die mehr wissen, als sie zugeben, hinter dem Rücken der Protagonisten tuscheln und offensichtlich einen Hang zum Übernatürlichen haben. Sieht man einmal von Eveleighs anderen Umständen ab, ist da nichts dabei, was man nicht von anderen Non-Name-Produktionen schon zur Genüge kennen würde.
Nun sind Geschichten in einem Horrorfilm meistens nur Begleiterscheinungen, ein bloßer Anlass, um das Publikum zu erschrecken. Funktioniert das, verzeiht man so manchen inhaltlichen Irrweg. Aber genau daran scheitert der dank zweier Saw-Filme durchaus horrorerfahrene Regisseur Kevin Greutert. Die malerischen Weinberglandschaften in Kalifornien bilden zwar eine schöne und unverbrauchte Kontrastkulisse zum täglichen Alptraum. Der ist aber nur selten furchteinflößend oder immerhin gruselig, dafür beschränkt sich das Ganze zu sehr auf vorhersehbare und unmotivierte Jump-Scare-Momente. Die werden zwar später durch besagten Twist wieder relativiert, zu dem Zeitpunkt hat man sich aber bereits eine Stunde gelangweilt – da setzt Visions dann einfach die falschen Prioritäten.
Zumal das Ende auch nicht ohne seine Fehler ist: Wie zuvor auch verhalten sich die Leute unsinnig, man hat hier nie das Gefühl, es mit tatsächlichen Menschen zu tun zu haben. Ein bisschen werden diese Drehbuchgeburten durch größere Namen zu verstecken versucht. Jim Parsons und Eva Longoria haben aber überschaubare Rollen und hinterlassen ebenso wie die beiden Hauptfiguren keinen wirklichen Eindruck. Was dann auch für den Rest des Films gilt: Visions ist ein über weite Strecken derart harmloser Allerweltshorror, dass man sich fragt, warum ausgerechnet der es hierzulande in die Kinos schafft.
(Anzeige)