Bayern, das Land der Biere, ein Ort, an dem man es sich auch am Morgen schon mit einem Weißbier in der Sonne gut gehen lassen kann, ohne dass sich jemand daran stört – so kennen wir den Freistaat. So lieben wir ihn (oder zumindest manche von uns). Die erste kleine Überraschung, welche die Fernsehdokumentation Von Bier und Macht für den Zuschauer bereit hält, besteht darin, dass das alles ursprünglich ganz anders war. Im 15. Jahrhundert und noch lange ins 16. Jahrhundert hinein trank ausschließlich Wein, wer was auf sich hielt. Bier? Das war ein Gesöff, in das man hineinschüttete, was nur irgendwie da war. Das änderte sich erst durch das Reinheitsgebot, welches 1516 festgelegt wurde – also genau vor 500 Jahren, der Anlass des Dokumentarfilms.
Von dort aus arbeiten sich die Redakteure chronologisch bis in die Gegenwart vor, zeigen auf, was das Reinheitsgebot für den deutschen Markt bedeutete, aber auch, wie sich der Biermarkt insgesamt weiterentwickelt hat. Spannend ist dabei vor allem der zweite historische Aspekt, der für den Aufstieg Bayerns zum Bierland verantwortlich war. Geld. Oder besser: der Mangel an Geld. Das Wittelsbacher Herrscherhaus hatte Anfang des 17. Jahrhunderts einen Haufen Schulden vorzuweisen, dafür aber keine Perspektive, da wieder rauszukommen. Wie Maximilian I. von Bayern sich aus der Misere befreien und zu einem reichen Mann aufsteigen konnte, indem er seine Macht zum Schaffen eines Weißbiermonopols (miss-)brauchte, lässt einen das so unschuldig scheinende Getränk mit etwas anderen Augen sehen.
Ein bisschen zu sehr wird bei den kontemporären Beiträgen mit der Unschuld kokettiert, in denen Erben eben jener ruhmreichen Bierdynastie über ihre Produkte und ihr Selbstverständnis sprechen. Hier wird schon sehr auf bescheiden getan, als ginge es den Menschen beim Bierbrauen in erster Linie um ein Kulturgut und nur ganz nebendabei um die damit verbundenen Einnahmen. Über diese doch recht werblichen, unkritischen Passagen muss man schon ein wenig hinwegsehen, wird dafür mit ein paar internationalen Kuriositäten und Blicken hinter die Kulisse belohnt.
Letztere finden sich auch in dem zweiten Beitrag, welcher auf der DVD enthalten ist. War Bier und Macht – Die Wittelsbacher sehr stark mit den persönlichen Geschichten der bayerischen Brauer verbunden, ist Bier – das unbekannte Wesen wissenschaftlicher aufgezogen. Wie entsteht so ein Bier eigentlich? Worin unterscheiden sich die einzelnen Sorten? Wohin wird es in der Zukunft gehen? Allzu umfangreich fallen die Antworten dabei nicht aus, wie auch bei gerade mal 30 Minuten für den Beitrag? Allgemein wäre noch etwas mehr Tiefgang ganz schön gewesen, die Zeit reicht hier kaum, um über den eigenen Gläserrand zu schauen. Als kleiner Appetithappen ist Von Bier und Macht aber recht bekömmlich, hält die Waage zwischen informativ und unterhaltsam und ist dadurch selbst für Nicht-Trinker und Nicht-Bayern interessant.
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