(„Auf kurze Distanz“ directed by Philipp Kadelbach, 2016)
Lange hat der frustrierte Polizist Klaus Roth (Tom Schilling) auf die Gelegenheit gewartet, endlich einmal als verdeckter Ermittler arbeiten zu können, als sein Vorgesetzter Franz Dudek (Jens Albinus) diese doch noch bietet. Klaus soll sich unter dem Namen Milan in die serbische Wettmafia einschleusen und dabei seine eigenen serbischen Wurzeln gewinnbringend einsetzen. Das Ziel: Die Machenschaften des Clans, welche weit über kriminelle Wetten hinausgehen, offenlegen und somit einem Ende setzen. Der Anfang ist tatsächlich schnell gemacht, Klaus freundet sich mit Luka Moravac (Edin Hasanovic), dem jüngsten Neffen von Bandenchef Aco Goric (Lazar Ristovski), an und erhält so die nötigen Einblicke. Doch je tiefer er in die Sache verwickelt wird, umso schwerer fällt es ihm, seine persönlichen Sympathien für Luka und seine berufliche Aufgabe in Einklang zu bringen.
Dass das Geschäft mit dem Sport ein besonders dreckiges ist, das dürfte inzwischen auch der letzte mitbekommen haben. Ob es die ständigen Dopingskandale oder die FIFA-Mauscheleien waren, welche die TV-Nachrichten dominierten, der Spielfilm The Program um den institutionalisierten Betrug bei der Tour de France oder der kommende Dokumentarfilm Dirty Games: Wohin man auch schaut, es macht keinen Spaß, danach noch Sportereignisse zu verfolgen. Noch einen Schritt weiter geht dabei Auf kurze Distanz. Nicht nur, dass es bei dem Fernsehthriller sehr viel persönlicher wird, statt Hochglanzbildern und Eliterauschen geht es hier richtig tief in den Dreck der Gesellschaft.
Dafür reicht es schon, an einer beliebigen Stelle des Films einzuschalten. Selbst wenn es gerade mal nicht Nacht ist oder wir uns in keinen finsteren Seitenstraßen aufhalten, ist es so, als wären Auf kurze Distanz jegliche Farben und sämtliches Licht entzogen worden. Die Waldszene etwa, mit der die Geschichte aufgemacht wird und die erst sehr viel später ihre Auflösung findet, ist wie von einem Dunstschleier umgeben. Die Figuren dürfen dem natürlich nicht nachstehen. Gelächelt wird während der anderthalb Stunden so gut wie nie, fast alle Dialoge sind von Misstrauen geprägt, von gegenseitiger Verachtung, zumindest aber schlechter Laune. Sofern denn überhaupt gerade gesprochen wird und man sich nicht gerade die Köpfe einschlägt oder gegenseitig in Brand steckt.
Effektiv ist das sicher, Auf kurze Distanz ist ein so düsterer Blick ins kriminelle Sportwettenmilieu, dass man sich selbst fernab dieser im Alltag sehr unwohl fühlt. Subtil jedoch weniger. Ein bisschen wie in der Batman-Trilogie von Christopher Nolan drängt sich hier der Eindruck auf, dass der Zweck der Trübseligkeit immer die Mittel heiligt, man alles und jeden dieser Atmosphäre unterordnet. Das Ergebnis: Der Film fühlt sich oft ein bisschen bemüht und angestrengt an. Dass Klaus und Luka gleich beste Freunde sind, so sehr, dass Letzterer den Deutschen in seine Familie aufnimmt und zum Paten seines Kindes erklärt, das ist schon sehr überstürzt. Und am Ende genauso wenig natürlich wie die Dialoge, die immer gleich in Streitigkeiten und Konflikten münden, egal ob es nun gerade angebracht ist oder nicht.
Schöner wäre es gewesen, diese Energie in die Geschichte zu stecken, ein paar mehr überraschende Wendungen einzubauen, vielleicht auch interessante Figuren. Aber auch hier ist das alles eher zweckmäßig. Natürlich will man schon wissen, wie besagte Waldszene denn nun ausging bzw. wie es zu dieser kam, weshalb zusammen mit der ständig bedrohlichen Stimmung schon eine gewisse Grundspannung herrscht. Die einzelnen Etappen auf dem Weg zur Auflösung belohnen jedoch nicht so wirklich das aufgebrachte Interesse, vielmehr werden die Standardsituationen eines solchen Szenarios abgearbeitet mit den üblichen Beinaheentdeckungen. Für einen deutschen TV-Thriller ist das zwar alles ordentlich und auch teils wirklich hochkarätig besetzt, am Ende dann aber doch zu uninspiriert, um wirklich begeistern zu können.
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