Heidi 2015
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Heidi (2015, Film)

(„Heidi“ directed by Alain Gsponer, 2015)

Heidi DVD
„Heidi“ ist seit 26. Mai auf DVD und Blu-ray erhältlich

Genug ist genug! Nachdem sich Dete (Anna Schinz) lange um ihre elternlose Nichte Heidi (Anuk Steffen) gekümmert hat, soll nun deren Großvater Almöhi (Bruno Ganz) einmal ran. Begeistert ist er nicht, zieht er doch die Ruhe in den Alpen vor, weitab von anderen Menschen. Widerwillig nimmt er das Mädchen dennoch auf und findet tatsächlich schnell Gefallen an deren aufgeweckten Art. Ebenso widerwillig muss er deshalb auch mitansehen, wie Dete eines Tages wieder vor seiner Hütte steht und ihm eröffnet, dass Heidi in Zukunft in Frankfurt bei einem Herrn Sesemann (Maxim Mehmet) leben soll, um dessen im Rollstuhl sitzenden Tochter Klara (Isabelle Ottmann) Gesellschaft zu leisten. Auch Heidi selbst ist über den Wandel nicht glücklich. Während sie sich mit Klara selbst und deren Großmutter (Hannelore Hoger) gut versteht, macht ihr das strenge Kindermädchen Fräulein Rottenmeier (Katharina Schüttler) ständig das Leben schwer.

Es gibt Stoffe, die kommen wohl nie aus der Mode. Über 130 Jahre haben die beiden Kinderbücher von Johanna Spyri rund um das lebhafte Schweizer Waisenkind Heidi mittlerweile auf dem Buckel, und dennoch wird immer wieder an Adaptionen gearbeitet. Während die derzeit produzierte computeranimierte Serienfassung versucht, den Klassiker in ein neues Gewand zu hüllen, ist der letztes Jahr entstandene Realfilm wohltuend altmodisch. Das soll nicht heißen, dass es hier nichts zu sehen gäbe. Die Ausstattung ist vom Feinsten, sowohl was die Kostüme wie auch die Einrichtungen an den beiden Standorten angeht. Und spätestens wenn wir als Zuschauer die atemberaubenden Bergpanoramen bewundern dürfen, wird ohnehin jeder zu einem staunenden Kind.

Unverständlich daher, dass dem Teil in den Alpen nur so wenig Platz eingeräumt wurde. Hielt sich die japanische Zeichentrickserie Heidi von Animelegende Isao Takahata aus dem Jahr 1974, bis heute die vermutlich bekannteste Adaption, schon etwas zu lang in den Bergen auf und trat dadurch inhaltlich auf der Stelle, neigt man hier zum gegenteiligen Extrem. Kaum ist Heidi in ihrer neuen Heimat angekommen, muss sie schon wieder weiter. Das ist nicht nur aus visuellen Gründen schade, das hohe Tempo führt auch dazu, dass die Annäherung zwischen dem Mädchen und seinem Großvater nur behauptet, kaum gezeigt wird, nachfühlbar ist die Entwicklung nicht. Und auch für Heidis spätere Verklärung der Berge, unter deren Verlust sie in Frankfurt so leiden muss, wird nur ein unzureichendes Fundament gebildet.

Dafür ist der Frankfurt-Part der insgesamt unterhaltsamere. Sehr schön gelingt es Regisseur Alain Gsponer, der mit Das kleine Gespenst kürzlich einen weiteren Kinderbuchklassiker erfolgreich adaptierte, die Unterschiede zwischen den beiden Welten herauszuarbeiten. Auf der einen Seite das ärmliche, aber freie Bergland, auf der anderen das beengte Stadtleben mit seinen vielen Regeln, aber auch kulturellen Errungenschaften – wie Brötchen. Dabei kann sich der schweizerisch-deutsche Filmemacher auf ein hervorragendes Ensemble verlassen. Anuk Steffen als Heidi reißt einen mit ihrer ungestümen Art mit, ist auch deutlich weniger weinerlich angelegt als die japanische Zeichentrickfassung. Katharina Schüttler als unbarmherzig-nervöses Kindermädchen und Jella Haase in einer Nebenrolle als Dienstmädchen Tinette sorgen für kleine humorvolle Farbtupfer. Wäre da nicht die auch durch die begrenzte Laufzeit bedingte Problematik der überhasteten Entwicklung, Heidi hätte vielleicht sogar die ultimative Adaption werden können. So bleibt aber eine immer noch gute Fassung, welche der Vorlage gerecht wird und die Geschichte rund um Heimat und Freundschaft auch für ein heutiges Publikum begreifbar macht.



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„Heidi“ ist eine werkgetreue Adaption des bekannten Kinderbuchs, die sowohl durch die Ausstattung wie auch die Besetzung überzeugt, sich aber gerade in den Bergszenen zu sehr hetzt und damit die Entwicklung der Geschichte nur teilweise nachvollziehbar macht.
7
von 10