(„Yip Man“ directed by Wilson Yip, 2008)
In den 1930ern hat sich die kleine Stadt Foshan weit über die Region hinaus einen Namen als Hochburg des Kung-Fu gemacht. Vor allem einer ist es, zu dem alle aufblicken, der von der gesamten Bevölkerung für seine unglaublichen Fähigkeiten geehrt wird: Ip Man (Donnie Yen). Seine Frau Cheung Wing-sing (Lynn Hung) ist davon weniger angetan, bedeutet das doch, dass ständig neue Leute vor der Haustür stehen und den Meister zu Kämpfen herausfordern, darunter auch Kam Shan-chu (Louis Fan), der aus dem Norden gekommen ist, um eine eigene Schule zu öffnen. Die größte Herausforderung steht jedoch bevor, als die Japaner ins Land einfallen, die Menschen enteignen und zu unwürdiger Arbeit zwingen. Als der japanische General Miura (Hiroyuki Ikeuchi) jedoch beginnt, Kung-Fu-Kämpfer zu rekrutieren, um seine eigenen Karatefähigkeiten an diesen zu messen, ist für Ip Man die Gelegenheit gekommen, das Unrecht wieder gutzumachen.
Während sich jahrzehntelang in Filmen keiner wirklich für die Martial-Arts-Legende Ip Man interessierte, gab es in den letzten Jahren eine regelrechte Schwemme an Werken, die dem vor allem als Lehrer von Bruce Lee bekannten Kung-Fu-Meister ein Denkmal setzten. Vor allem zwei davon machten auch international von sich reden: The Grandmaster und Ip Man. Doch trotz des gemeinsamen Themas, unterschiedlicher könnten beide Filme kaum sein. Während Wong Kar-wais lange von Produktionsschwierigkeiten geplagtes Biopic eine melancholische Liebeserklärung an Kung-Fu war, ist Ip Man in erster Linie eine Liebeserklärung an sich selbst. Und an China.
Dass ein chinesischer Film, der während der japanischen Besatzungszeit spielt, nicht unbedingt um Ausgleich bemüht sein würde, das dürfte niemanden ernsthaft überraschen. Wie wenig man sich aber für das tatsächliche Leben Mans interessiert, das schockiert dann aber schon. Ob es nun seine Zwangsarbeit ist, sein Kampf gegen Banditen oder das Duell mit Miura, mit der Realität hat das nur wenig zu tun. Nun sind Mauscheleien bei historischen Details in diesem Bereich keine Seltenheit, zum Zwecke der dramaturgischen Zuspitzung auch in Maßen legitim. Wenn das aber in einem Umfang wie hier passiert, eine bedeutende Persönlichkeit letzten Endes für von Pathos triefenden Nationalismus missbraucht wird, dann ist das schon ärgerlich. Und einen Gefallen tat man sich damit auch nicht: Ip Man wird, abgesehen von der Vernachlässigung seines Sohnes, so sehr zu einem Heiligen hochstilisiert, dass er als Charakter ebenso langweilig ist wie die dämonischen Japaner.
Das Schlimme dabei ist, dass der Film diesen inhaltlichen Murks gar nicht gebraucht hätte. Die historische Ausstattung ist ein Fest fürs Auge, gleiches gilt natürlich für die Kämpfe, die im einen Moment filigran, im nächsten erschreckend brutal sind. Man mag von den schauspielerischen Leistungen Donnie Yens halten, was man mag, wenn er seine Fäuste einsetzt, dann spielt der Rest keine Rolle mehr. Auch atmosphärisch zeigt sich Ip Man stark, durch passende Bilder unterstützt könnte der Unterschied zwischen der eher unbeschwerten ersten Hälfte und der bedrückenden zweiten, wenn Foshan von den Japanern besetzt wurde, größer kaum sein. Wird die erste gelegentlich sogar von Humor aufgelockert, stehen nun die dramatischen Aspekte im Vordergrund – untermalt mit einer Musik, die wie der Rest des Films die Subtilität eines Vorschlaghammers hat. An den vielen plumpen Momenten darf man sich also nicht stören, ebenso wenig an den zahlreichen Klischees, auf die hier vertraut wird und die einem als Zuschauer das Denken abnehmen: Der Beitrag vom Fantasy Filmfest 2009 ist ein beeindruckender, stellenweise fast unerträglicher Martial-Arts-Epos, der ohne Rücksicht auf Verluste die Sehnsucht nach großen Helden und bösen Schurken bedient.
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