(„Kötü Kedi Şerafettin“ directed by Ayşe Ünal, 2015)
Shero ist nicht unbedingt die Art Kater, die man sich für die eigenen vier Wände wünscht. Ständig stiehlt er anderer Leute Fisch, raucht, trinkt und flucht, verprügelt zwischendurch auch schon mal die Hunde in der Nachbarschaft. Und auch das mit der Familie ist jetzt weniger sein Fall: Sich mit hübschen Katzendamen paaren, doch das ist nach seinem Geschmack. Die Folgen jedoch, die sind ihm egal. Und damit auch der kleine Kater Tacao, der eines Tages vor ihm steht und behauptet, sein Sohn zu sein.
Filme wie Mucize oder Dügün Dernek 2 haben es vorgemacht: Es gibt in Deutschland einen größeren Markt für türkische Filme, der durchaus für Besucherzahlen um die 200.000 gut ist. Nun soll Kötü Kedi Şerafettin – Bad Cat diesen Vorbildern folgen und ebenfalls die filmische Präsenz unserer östlichen Freunde hierzulande etwas erhöhen. Mit einem Animationsfilm. Das klingt nicht nur aufgrund des Exotenstatus nach einer guten Idee, wer hat schließlich zuvor schon einmal einen türkischen Animationsfilm gesehen? Hinzu kommt, dass der an Computern geschaffene Bereich kontinuierlich für pralle Kinokassen sorgt. Dass die Abenteuer von Kater Shero deren Erfolge wiederholen kann, darf hingegen bezweifelt werden, dafür ist er zu sehr auf Erwachsene zugeschnitten, die wichtige Zielgruppe der Kinder hat hier nichts zu suchen.
Das liegt zum einen daran, dass die Titelfigur mit seinen zahlreichen Lastern nicht unbedingt als leuchtendes Vorbild dient. Zum anderen aber auch an der Brutalität: Zu Beginn müssen gleich mehrere tierische Protagonisten dran glauben, auch ein Mensch findet auf eine unschöne Weise den Tod. Sex, Alkohol, Gewalt, das erinnert zumindest die etwas älteren Zuschauer an einen legendären anderen Kater, der bewusst mit dem familienfreundlichen Image von Animationsfiguren brach: Fritz the Cat. Anders als beim rüpelhaften Opa fehlt seinem späten Nachkommen jedoch der Sinn fürs Subversive. Wo damals im besten Underground-Comic-Stil der Gesellschaft ins Gesicht gespuckt wurde, gibt es hier keine größeren Ambitionen. Ein Großteil des Films verlässt sich auf relativ harmlose Slapstickmomente und eben darauf, dass ein gewalttätiger, rücksichtsloser Kater 40 Jahre später noch immer keine alltägliche Erscheinung ist.
Das ist an manchen Stellen lustig, vor allem wenn Shero es in einer Reihe von absurden Szenen mit einem Gegenspieler zu tun bekommt, der einfach nicht totzukriegen ist. Vieles ist aber auch nur mäßig lustig, hat man in der oder ähnlicher Form einfach schon zu oft gesehen. Und wenn zum Ende hin Bad Cat seine rührselige Seite entdeckt, dann ist von dem leicht anarchischen Rüpelcharme eh nicht mehr viel übrig, der zuvor dem Film sein Gesicht gab. Die Vorlage bildet hier übrigens ein hierzulande nicht veröffentlichter Comic von Bülent Üstün, der ebenfalls am Drehbuch mitgearbeitet hat.
Optisch ist davon nur wenig zu merken, die am Rechner generierten Figuren sind zwar bewusst hässlicher gehalten, mindestens etwas derangiert. Ansonsten entspricht das Werk des Studios Anima Istanbul aber dem üblichen Standard. Mit den großen Kollegen von Disney oder Dreamworks sollte man deren Film natürlich nicht vergleichen, das verbietet sich schon aufgrund des enormen Budgetunterschiedes, was sich unter anderem in den eher detailarmen Hintergründen und dem unbeweglichen Fell der Protagonisten zeigt. Insgesamt sind die Bilder aber stimmig, dazu gibt es zuweilen recht dynamische Kamerafahrten. Wer also mal wieder in der Stimmung für einen „erwachsenen“ Animationfilm ist, ist hier an einer zumindest passablen Adresse gelandet. Einen ähnlichen Kultfaktor wie Fritz seinerzeit wird Shero aber allein schon aufgrund der inzwischen stark gewandelten Sehgewohnheiten nicht gewinnen können.
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