(„Hohokekyo tonari no Yamada-kun“ directed by Isao Takahata, 1999)
Die Yamadas sind eine Familie, wie sie gewöhnlicher kaum sein könnte. Papa Takashi hat einen langweiligen Bürojob, Mama Matsuko kümmert sich um den Haushalt, manchmal zumindest, Sohn Noboru und Tochter Nonoko sind mit der Schule beschäftigt. Und dann wäre da noch Oma Shige, die ebenfalls im Haus lebt und regelmäßig etwas an den anderen Familienmitgliedern auszusetzen hat.
Eines musste man Isao Takahata lassen: Man wusste nie so recht, was einen als nächstes erwartet. Während sein Studio-Ghibli-Mitbegründer Hayao Miyazaki thematisch und auch bildlich auf qualitativ hochwertigen, aber tendenziell immer recht ähnlichen Bahnen verkehrte, war das bei seinem Kollegen mit der durchgehenden Linie schon viel schwieriger. Erst ließ er mit Die letzten Glühwürmchen ein herzzerreißendes Antikriegsdrama auf das Publikum los, zeigte sich dann in Tränen der Erinnerung von seiner nostalgisch-alltäglichen Seite, nur um in Pom Poko von den komischen Abenteuern magisch begabter Dachshunde zu berichten.
Und dann kam Meine Nachbarn die Yamadas. Visuell griff er mit den sehr stilisierten, an Wasserfarben erinnernden Bildern sein 14 Jahre später erscheinendes Abschlusswerk Die Legende der Prinzessin Kaguya vorweg. Die Geschichte wiederum ähnelt am ehesten noch dem hierzulande nie veröffentlichten Chie the Brat, das sich ebenfalls mit dem komischen Alltag normaler Menschen befasste. Oder zumindest fast normaler. Und: Beide Filme basierten auf einem Manga. Im Fall der Yamadas ist das „Nono-chan“ von Hisaichi Ishii, welches 1991 seinen Anfang nahm und bis heute fortgesetzt wird.
Und diesen Ursprung merkt man: Hier gibt es keine fortlaufende Geschichte, nicht einmal eine Rahmenhandlung. Stattdessen wurden zahllose Einzelgags umgesetzt und aneinandergereiht. Wo sie sich im einen Moment noch mit lauten Rockern in der Nachbarschaft auseinandersetzen, sind sie im nächsten auf einer Hochzeit. Dabei unterscheiden sich die Folgen stark, sowohl was die Länge angeht – manche dauern einige Minuten, andere nur wenige Sekunden –, wie auch die Qualität. So endet der Streit um die Fernbedienung in einem herrlich absurden Verrenkungskampf. Allgemein sind die regelmäßigen Auseinandersetzungen der Yamadas sehr unterhaltsam, da sie in ihrer Alltäglichkeit sämtliche Länder- und Kulturgrenzen überwinden – man fühlt sich bei der japanischen Familie ganz wie daheim.
Das ist in vielen anderen Episoden hingegen schon schwieriger. Oftmals erschließt sich nicht so recht, was da gerade genau der Witz hätte sein sollen, so beiläufig-gewöhnlich ist das hier, vielleicht auch so sehr in der Kultur des fernöstlichen Landes verwurzelt, dass eine Übersetzung nicht funktioniert. Dass Meine Nachbarn die Yamadas im Westen stets von anderen Werken Studio Ghiblis überstrahlt wurde, wundert da kaum. Aber selbst wenn dieser doch recht spezielle Episodenfilm nicht so sehr unterhält, wie man sich das vielleicht wünschen würde, ist es doch sehr schön, dass er es nun endlich auf Blu-ray geschafft hat. Zum einen weil einem die Yamadas mit ihren kleinen Macken und liebenswerten Schrullen doch schnell ans Herz wachsen. Zum anderen weil die grafische Umsetzung mit ihren bewusst reduzierten Details, den etwas unförmigen Figuren und den schlichten Wasserfarben auch 17 Jahre später wunderbar aussieht: eine zeitlos schöne Comicadaption, die ihre Quelle mit offenen Armen empfängt und so zu etwas ganze Besonderem wird.
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