(„Kidō keisatsu patoreibā the movie 2“ directed by Mamoru Oshii, 1993)
Als die Yokohama Bay Bridge Ziel einer verheerenden Explosion wird, fällt der Verdacht schnell aufs Militär, schließlich zeigt ein Video, wie just in dem Moment ein Kriegsflugzeug den Luftraum passierte. Auch andere Vorfälle lassen darauf schließen, dass Teile des Heers auf einen Putsch hinarbeiten – was von offizieller Seite jedoch vehement bestritten wird. Oder steckt vielleicht doch eine nationalistische Terrorgruppe dahinter? Während in der Bevölkerung der Unmut wächst und das Land in einen Bürgerkrieg schlittert, muss die Polizei entgegen offizieller Anweisung die wahren Täter überführen, bevor es zu spät ist.
Vier Jahre nach Patlabor kehrten Regisseur Mamoru Oshii und Drehbuchautor Kazunori Itō in die Welt der Riesenroboter zurück und erzählten erneut eine Geschichte, die nur sehr wenig damit zu tun hat, was üblicherweise in Mechaanime so vor sich geht. Patlabor 2 geht an der Stelle sogar noch einen Schritt weiter: Waren die Labor genannten Maschinen im ersten Film zumindest noch im Mittelpunkt des Geschehens, da einige fehlgesteuerte Exemplare die Stadt in Schutt und Asche zu legen drohten, haben sie hier eher eine Statistenrolle. Gesprochen wird schon hin und wieder über sie, genutzt jedoch kaum. Nur zum Schluss hin erinnert uns der sehr gemächlich erzählte Film in einer der noch einmal spärlicher gewordenen Actionszenen daran, in welchem Franchise wir hier gerade sind.
Aber der Film ist ohnehin weniger an dem interessiert, was ist, sondern dem, was sein könnte. Auch wenn der Kalte Krieg 1993, als der Anime entstand, schon Geschichte war, die Möglichkeit eines Krieges bewegte noch immer das japanische Volk. Dafür gab es auch einen historischen Anlass: 1992 wurde das eigentlich nur zur Selbstverteidigung berechtigte japanische Heer nach Kambodscha entsandt, um dort die freien Wahlen zu überwachen – ein ideologischer Dammbruch für viele. Allgemein wurden viele tatsächliche Ereignisse in den Film integriert, was ihm zusammen mit den eingebauten Fernsehnachrichten und dem nationalistischen Terroristenthema eine fast schon gespenstische Authentizität verleiht. Im Umkehrschluss bedeutet das, dass andere Elemente, die noch im Vorgänger zu finden waren, reduziert oder ganz abgeschafft wurden. So ist der Humor nur noch sehr spärlich, auch die Science-Fiction-Anleihen wurden eingestampft – man merkt Patlabor 2 kaum mehr an, dass er in der Zukunft spielen soll.
Damit einher geht eine inhaltlich stärkere Fokussierung auf das Politische. Die eher grundsätzlichen Überlegungen zur Technikgesellschaft, die Patlabor mitprägten und in Oshiis späterem Magnum Opus Ghost in the Shell deutlich ausgebaut wurden, sind nun reine Nebensache. An dessen Stelle treten Gedanken, die sich um die Rechtfertigbarkeit von Kriege kreisen. Lohnenswert sind diese ebenfalls, wenn auch weniger fordernd: Der Anime ist durch seine Konzentration stimmiger, zugänglicher und für viele deshalb besser als der ohnehin schon geschätzte Vorgänger. Aber eben auch eingeschränkter, der pessimistische Film ist weniger Teil unseres Alltags, sondern eher ein Polithriller à la Tom Clancy, nur eben im Animeformat.
Dieses sieht angesichts der über 20 Jahre, die der Film inzwischen auf dem Buckel hat, noch immer recht gut aus. Sicher ist die Technik nicht auf dem neuesten Stand, dafür baute das Studio Production I.G (Jin-Roh, Giovannis Insel) jedoch einige schöne Lichteffekte ein und ließ sich auch bei den Animationen selbst nicht lumpen – wobei dem Film seine sehr ruhige Art natürlich entgegenkommt. Begleitet von einer sphärischen Musik und düsteren Bildern, teilweise von Schnee bedeckt, besticht Patlabor 2 noch immer durch seine unheilvolle, angespannte Atmosphäre, der Furcht, dass der Frieden bald vorbei sein könnte und wir zum Spielball von Politik und Heer werden, die in Hinterzimmern unser Schicksal bestimmen, ohne dass wir noch einen Einfluss darauf haben. oder es überhaupt merken.
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