(„Return to Never Land“ directed by Robin Budd, Donovan Cook, 2002)
Es ist schon einige Jahre her, dass Wendy zusammen mit ihren Brüdern und Peter Pan aufregende Abenteuer erlebt hat, aus der Jugendlichen ist längst eine erwachsene Frau geworden, die eigene Kinder hat. Während ihr 4-jähriger Sohn Danny gar nicht genug bekommen kann von ihren Erzählungen über das Nimmerland, fehlt der 12-jährigen Tochter Jane jegliches Verständnis dafür. Schließlich befindet sich England im Krieg, die ständigen Bombenangriffe der Deutschen lassen bei ihr keinen Platz für Fantasie und Freude. Erst als sie von dem fiesen Captain Hook entführt wird, der sie für ihre Mutter hält und den von Peter Pan gestohlenen Schatz zurückfordert, muss sie erkennen, dass da doch deutlich mehr dran ist an den Geschichten der Mutter.
Die DisneyToon Studios hatten lange eine Aufgabe, die gleichzeitig eine der dankbarsten und undankbarsten im Animationsgeschäft war: Fortsetzungen zu Disney-Zeichentrickfilmen drehen. Auf der einen Seite hatten sie damit Zugriff auf einen unglaublichen filmischen Schatz, den sie verwenden durften, waren jedoch dazu verdammt, bewährte Konzepte und Figuren ohne große Variation zu wiederholen. Und ohne ein großes Budget, die meisten Filme wurden direkt für den Videomarkt produziert. Peter Pan 2: Neue Abenteuer in Nimmerland war eine der wenigen Ausnahmen, die sogar in den Kinos lief und deshalb wohl auch ein bisschen mehr Geld abbekam als die sonstigen Massenproduktionen der Amerikaner.
Visuell geht das Ganze dann auch durchaus in Ordnung. Dass man hier nicht so viel Zeit zur Verfügung hatte wie bei Peter Pan damals, ist kaum zu übersehen, es fehlt an der Liebe zum Detail. Knapp 50 Jahre nach dem Original war die Technik dafür so weit fortgeschritten, dass man den Look des Zeichentrickklassikers immerhin gut imitieren konnte. Die Designs kommen denen von damals recht nahe, nur dass alles jetzt ein bisschen cleaner wirkt. Und durch die gelegentlichen Computerlemente etwas steril vielleicht.
Inhaltlich versucht man ohnehin kaum neue Wege zu gehen. Anstatt sich an der literarischen Vorlage von James M. Barrie zu orientieren, schnappte man sich den direkten Vorgänger, setzte den entsprechend fort, kopierte ihn mitunter recht deutlich. An Stelle des kultigen Krokodils, welches in Peter Pan Jagd auf Hook machte, ist es dieses Mal eine riesige Krake, welche für komische Verfolgungsjagden zuständig ist. Das funktioniert, ist im direkten Vergleich aber weniger charmant. Was dann auch für den Rest des Films gilt, der sich zwar viel Mühe gibt, dem ersten Teil gerecht zu werden, erneut stark auf actionreichen Slapstick setzt, dabei aber über weite Strecken zu einer bloßen Kopie verkommt. Die meisten der Figuren tauchen auf, sogar die Indianer und Meerjungfrauen, sind jedoch kaum integriert, sollen wohl nur den Wiedererkennungswert erhöhen.
Der einzige signifikante Unterschied zwischen beiden Disney-Werken ist, dass die Entwicklung quasi umgekehrt ist. In Peter Pan lernte Wendy gerade auch durch die Abenteuer, wie wichtig es ist erwachsen zu werden und Verantwortung zu übernehmen. In Peter Pan 2: Neue Abenteuer in Nimmerland ist Jane bereits ein leuchtendes Vorbild in punkto Vernünftigkeit, begreift durch Nimmerland erst die Bedeutung von Fantasie. Mehr noch als der Vorgänger ist der zweite Teil daher ein Film, der Kindern eine Alternative zur Realität bieten soll – gerade auch durch das Szenario des Zweiten Weltkrieges –, ein Film zum Träumen, Spaß haben, Abenteuer erleben. Pädagogisch wertvoll ist diese Umkehrung daher weniger, die Fortsetzung eher ein netter und bunter Zeitvertreib, der niemandem wirklich weh tut, den aber auch niemand wirklich gebraucht hat.
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