(„Owari no Serafu“ directed by Daisuke Tokudo, 2015)
Es ist ein Angriff, von dem sich die Menschheit so bald nicht wieder erholen wird: Fast keiner, der über zwölf Jahre alt ist, überlebt den schrecklichen Virus. Die wenigen, die noch da sind, erwartet jedoch auch kein besonders schönes Schicksal. Vampire haben nun die Herrschaft übernommen, geben den Kindern ein Zuhause sowie Schutz vor den ebenfalls umherwütenden Monstern, die zeitgleich aufgetaucht sind. Aber das zu einem beträchtlichen Preis: Regelmäßig müssen die Menschen ihren Herren nun Blut spenden, um auch weiterhin in den Genuss der Fürsorge zu kommen. Die beiden Waisenkinder Yuichiro und Mikaela haben jedoch genug von dieser Bevormundung und entschließen sich, eines Tages zu fliehen. Mit verheerenden Folgen: Die Kinder werden nach und nach von den Vampiren abgeschlachtet, nur Yuichiro entkommt und schließt sich der Japanischen Kaiserlichen Dämonenarmee an, die mittels dämonischer Waffen Jagd auf Vampire macht.
Schon komisch eigentlich. Während Vampire im Realfilmbereich in den letzten Jahren ein beeindruckendes Comeback geschafft haben, weit über die genretypischen Grenzen hinaus, sieht es im Animationsbereich recht mau aus – von Hotel Transsilvanien und dem Nachfolger einmal abgesehen. Nun versucht es also Seraph of the End: Vampire Reign, den altehrwürdigen Blutsaugern wieder zu einem Platz an der Sonne zu verhelfen. Anders als der amerikanische Blockbuster ist die Adaption eines Mangas von Takaya Kagami jedoch frei von Humor. Zumindest frei von einem, den man tatsächlich als solchen bezeichnen wollte.
Dafür gibt es hier Blut. Viel Blut. Die Serie beginnt gleich einmal damit, dass eine Horde Kinder niedergemetzelt wird, was jetzt nicht unbedingt sehr nett ist. Nach diesem überraschenden Anfang wird es zwar nicht weniger brutal, inhaltlich aber doch um einiges zahmer. An einer Stelle bietet sich Seraph of the End: Vampire Reign noch einmal die Möglichkeit, sich von einer bösen Seite zu zeigen, nur um am Ende doch noch den sicheren, zudem recht kitschigen Weg einzuschlagen. Allgemein will der Anime keine zu großen Risiken eingehen, ob es nun die Figuren oder die Geschichte ist, man bewegt sich hier meistens auf recht ausgetretenen Pfaden. Sonderlich spannend ist die Mangaadaption dann auch nicht, schon gar nicht für Zuschauer, die sich angesichts der Antagonisten eine Gruselatmosphäre erhoffen. Hier ist alles etwas plakativer und actionreicher, über Atmosphäre läuft hier kaum etwas.
Interessant ist das Konzept der Blutprostitution zum Einstieg: Menschen geben freiwillig von ihrem Lebenssaft und erhalten dafür Nahrung, was allerlei Denk- und Analogieansätze bietet, sie werden von den Vampiren auch regelmäßig als Vieh bezeichnet. Am Ende spielt das jedoch keine große Rolle mehr, vielmehr rückt der bewaffnete Kampf zwischen Mensch und Vampir in den Mittelpunkt. Was gleichzeitig Stärke und Schwäche der Serie ist. Schwäche, weil die Ausgänge der Kämpfe immer schon feststehen, bevor sie angefangen haben, und die Auseinandersetzungen nur mäßig animiert sind. Sofern sie es denn auch sind: In einer beispiellosen Dreistigkeit wird in der achten von zwölf Episoden ein großer Kampf begonnen, dann aber nicht gezeigt, sondern gleich zum Ende gesprungen. Was typisch ist für eine Serie, die gerade am Anfang doch sehr überhastet ihre Geschichte erzählt.
Die Kämpfe sind aber auch Stärke, da hier zum einen etwas groteskere, leicht an Akame ga Kill! erinnernde Waffen zum Einsatz kommen, sowie die Dämonen, mit denen die Menschen zum Selbsterhalt Pakte geschlossen haben. Warum die nur so selten wirklich ihre Macht ausspielen dürfen, sondern lediglich für dramatische Auftritte herhalten dürfen, bleibt ein Geheimnis. Dafür sehen die oft rauchartig dargestellten Höllenwesen tatsächlich wie fremde Lebensformen aus, anders als die seltsam elfmäßigen Vampire. Allgemein ist die Adaption durch das noch junge Wit Studio (The Rolling Girls, Attack on Titan) eine visuell zweischneidige Angelegenheit. Während die vielen Standbilder und die kindlich-langweiligen Figurendesigns einem eher die Freude vermiesen, sind die zwar ebenfalls regungslosen, dafür aber reizvoll gemäldeartig wirkenden Hintergrundbilder sehr atmosphärisch, zeigen ein von Zerstörung und Krieg geprägtes Tokio. Musikalisch ist Seraph of the End: Vampire Reign insgesamt besser gelungen, gerade in den ungemütlich treibenden Szenen. Potenzial beweist der Anime also immer mal wieder, jedoch nicht genug, dem ungewöhnlichen Szenario folgt ein recht gewöhnlicher weiterer Verlauf, in dem Jugendliche, angeführt von einem obercoolen Protagonisten, die Welt retten müssen. Aber vielleicht ändert sich da ja noch was, zum Ende hin deutet sich zumindest eine Verlagerung des Fokus an. Ob diese auch tatsächlich so eintritt, werden wir gegen Ende des Jahres erfahren, wenn auch die zweite Staffel Seraph of the End: Battle in Nagoya in Deutschland erscheint.
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