(„The Nice Guys“ directed by Shane Black, 2016)
Das Los Angeles der 70er Jahre ist weit entfernt von der einstigen Stadt der Engel. Sex, Drogen und das liebe Geld regieren die neonbeleuchteten Straßen, auf denen vor Kurzem eine bekannte Pornodarstellerin ums Leben kam. Auch Jackson Healey (Russell Crowe) hat seine besten Zeiten schon hinter sich und bricht für kleines Geld so manche Körperteile, um sich finanziell über Wasser halten zu können. Dabei trifft er auf Holland March (Ryan Gosling), seinerseits Privatdetektiv, Teilzeitalkoholiker und Vater einer vorlauten Tochter, dem er sogleich eine Privatvorführung seiner „Körperkunst“ gibt. Grund dafür ist Amelia Kuttner (Margaret Qualley), Tochter der obersten Richterin Judith Kuttner (Kim Basinger), welche Holland im Fall des verstorbenen Porno-Sternchen ausfindig machen soll. Die wiederum den groben Healey bezahlt, um dem lästigen Stalker eine Lektion zu erteilen. Wenig später wird sie als vermisst gemeldet und nachdem auch noch zwei Auftragskiller Interesse an ihrem Aufenthalt hegen, wird den beiden Kindsköpfen schnell bewusst, dass der Fall tiefgreifender als bislang gedacht ist. Widerwillig und mit Hollands pubertierenden Tochter im Schlepptau gehen sie der Sache auf die Spur. Zwischen wilden Sexpartys, rasanten Verfolgungsjagden und tödlichen Schusswechseln eröffnet sich den beiden jedoch ein weitaus größerer Skandal, dessen Wurzeln bis in die höchsten Führungsebenen reichen und in die Milliardenbeträge gehen.
Es lebe die Buddy-Action-Comedy! Mit Drehbüchern zu Last Action Hero und der Lethal Weapon Reihe brachte Shane Black ganze Kinosäle zum Lachen und bleibende Klassiker in die heimischen Filmsammlungen. Das Genre erlebte neue Höhen und brachte uns Filme wie Rush Hour, Bad Boys, Men in Black & Co., die ebenfalls für Eindruck sorgten, mit weiteren Fortsetzungen jedoch an Qualität verloren. Der anfängliche Charme und Witz wich über die Jahre hinweg austauschbaren Protagonisten und plumpen One-Linern. Filme wie The Heat, Ride Along und Hot Pursuit stellten den Tiefpunkt und Ist-Zustand des einst so gefeierten Genres dar, welches zum verblassten Schmunzeln im Gesicht der visuellen Kunst verkam. Dennoch ließ sich Shane Black von all dem nicht beirren und landete mit Kiss Kiss Bang Bang (2005) einen weiteren Erfolg, bevor er mit Iron Man 3 (2013) dem Marvel Universum zwar seinen Duktus auflegte, aber hinter den Erwartungen zurückblieb. Mit The Nice Guys wagt er sich nun also an altbekanntes, aber inzwischen auch übersättigtes Material, wobei er auf die Nostalgie der 70er Jahre vertraut.
Saukomisch und dabei bitterernst. Der Comedy-Part des Genre steht und fällt mit seinen Protagonisten und deren Interaktionen. Wenn Geschichte und Handlung zur Nebensache werden, die oftmals in die selbe Sparte von Korruption und Geldwäscherei stechen, sind sie es, die den Filmen Leben einhauchen und die Lachmuskeln zu Überstunden auffordern. Mit Ryan Gosling (The Big Short) und Russell Crowe (Man of Steel) stoßen gleich zwei Schwergewichtler der Branche zu dem Projekt, welches ursprünglich als Serie geplant war. Mag Letzterer mit seiner Wohlstandsplauze zwar schon in die Jahre gekommen sein, nimmt man ihm den harten Kerl mit emotionalen Momenten immer noch ab. Ruppig, trocken und schlagfertig bahnt er sich als Jackson Healey den Weg durch L.A., bis er auf den depressiven Holland March trifft, verkörpert von Ryan Gosling. Tollpatschig, wirr und selten scharfsinnig bietet dieser ihm nicht nur die Stirn, sondern komplettiert auch das Duo, welches durch originelle Situationskomik brilliert. Die Dialoge sowie schweigsamen Momente der beiden sind hervorragend und in Verbindung mit den ständig wechselnden Szenarien, abwechslungsreich und erfrischend. Besonders Holland ist der komödiale Antrieb hinter dem Film, gehen doch viele der Witze entweder auf seine Kosten oder von seinem stümperhaften Auftreten aus. Auch seine Tochter Holly wird zur tragenden weiblichen Rolle, die den beiden immer wieder Seitenhiebe verpasst und eindeutig zeigt, wer die eigentliche Erwachsene im Vater-Tochter Gespann darstellt.
So weit, so gut. Sieht man jedoch über das starke Führungsduo hinweg, wird die Luft des 70er Jahre L.A. schon dünner. Die üblichen Nebenrollen sind austauschbar, verkommen zu müden Marionetten im bekannten „Räuber und Gendarm“-Spiel und selbst bekannte Darsteller wie Kim Basinger (Zwei vom alten Schlag), Keith David (Community) und Matt Bomer (Magic Mike XXL) verblassen im Gewand uninspirierter Charaktere. Daran tragen sie jedoch keine Schuld, sondern das chaotische Drehbuch, welches sich über knapp zwei Stunden entlang kleinster Hinweise zum Verbleib von Amelia hangelt und dabei von einer Szenerie in die nächste springt. Ein Drehort folgt dem anderen, wobei die 70er Jahre Atmosphäre mehr künstlich als authentisch wirkt. Die Handlung ist wirr, ziellos und ist man erst am Ende des filmischen Regenbogens angekommen, auch noch unschlüssig. Was mit einer toten Schauspielerin beginnt, mündet in die Suche einer Vermissten, in die Verfolgung zweier Auftragsmörder, in die Suche nach dem letzten gedrehten Porno der Verstorbenen, in die Ankunft eines weiteren Auftragsmörders, in einen Skandal epischer Ausmaße. Was banal und übertrieben klingt, könnte nicht zuletzt daran liegen, dass der Film ursprünglich als Serie geplant war und wegen mangelnder Struktur zum Leinwandfilm umfunktioniert wurde. Es fehlt der rote Faden, das große Ziel, welches sich im Laufe des Films zudem immer wieder ändert und den imaginären Strick mit jedem Mal fester zieht.
The Nice Guys ist ein Paradebeispiel dafür, dass es mehr als einen fantastischen Cast benötigt, um einen Hit zu kreieren. Während diese und vor allem Ryan Gosling alle Register ziehen, um das schlappe Drehbuch zu retten, gehen hinter der Kamera alle Lichter aus. Die Story ist unausgegoren und von wenig Kreativität bedacht. Zu wenige Ideen für eine Serie, zu viele für einen Film. Der langatmige Streifen ist mehr Anstrengung als Humor-Kino, mehr Zwang als Entspannung und im Gesamtbild eine herbe Enttäuschung. Versprühten Trailer und erste Ankündigungen noch Nostalgie und Old-School Charme, ist das Ergebnis weit davon entfernt.
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