The Whispering Star
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The Whispering Star

(„Hiso Hiso Boshi“ directed by Sion Sono, 2015)

The Whispering Star
„The Whispering Star“ läuft ab 26. Mai im Kino

Menschen? Die gibt es in Zukunft kaum noch, eine Reihe von größtenteils selbst herbeigeführter Katastrophen hat die einst dominierende Spezies zu einer vom Aussterben bedrohten gemacht. Aber dafür gibt es ja Roboter, hoch intelligent und ohne störende Emotionen, welche ihren Platz einnehmen. 722 Yoko Suzuki (Megumi Kagurazaka) ist einer davon und hat die ehrenvolle Aufgabe, als interstellare Botin Pakete von einem Menschen zum nächsten zu bringen. Dafür braucht es viel Geduld, schließlich dauert die Reise von Planet zu Planet oft Jahre.

Auch wenn man es eigentlich besser wissen sollte, man macht doch immer wieder denselben Fehler und begegnet einem neuen Film von Sion Sono mit Erwartungen. Erwartungen, die dann doch nicht erfüllt werden. The Whispering Star zum Beispiel, einer von einem halben Dutzend Werken, die der Japaner letztes Jahr abgedreht hat. „Das ist jetzt aber untypisch“, will man bei seinem sehr ruhigen Science-Fiction-Beitrag sagen. Aber was ist schon typisch für einen Mann, der zuletzt unter anderem an einem Schildkröten-Rock-Märchen (Love & Peace), einem blutigen Schuldmädchenalptraum (Tag) und einem Hip-Hop-Musical (Tokyo Tribe) arbeitete?

In der Zukunft soll The Whispering Star spielen. Und entspricht doch mehr der Vergangenheit. Oder etwas, das in der Vergangenheit vielleicht mal als Zukunft angesehen wurde. Nicht nur, dass der komplette Film in Schwarz-Weiß gehalten ist, das Raumschiff ist mit Alltagsgegenständen wie einer Waschmaschine und einem Kassettendeck gefüllt. Und wären da nicht die AA-Batterien, die sich 722 Yoko Suzuki regelmäßig einsetzt, man wüsste nicht einmal, dass sie ein Android sein soll. Auch das Gefährt an sich hat nur wenig mit den futuristischen Edelschlitten gemeinsam, die wir in Science-Fiction-Filmen sonst zu sehen bekommen, sondern gleicht einer Mischung aus Eisenbahnwaggon und Einfamilienhäuschen.

Ohnehin ist der Blick hier stets zurück gerichtet. Die Pakete, welche die Weltraumbotin befördert, enthalten keine Schätze oder Waren. Tote Schmetterlinge findet man darin, Zigarettenstummel, vielleicht auch ein Foto. Überbleibsel der Menschen, Erinnerungsstücke. Überhaupt: Erinnerungen sind wichtig in The Whispering Star. Erinnerungen an die anderen, Erinnerungen daran, was einst war. An das, was nicht mehr ist. Wie schon in Himizu entschied sich Sono dafür, das Dreifach-Unglück von 2011 (Erdbeben, Tsunami, Fukushima) in einen Film einzuflechten. Die Szenen auf den Planeten, wenn 722 Yoko Suzuki ein Paket abliefert, wurden dann auch in von der damaligen Katastrophe verwüsteten Gegenden gespielt, was zusammen mit den größtenteils menschenleeren Aufnahmen für eine gespenstische Atmosphäre sorgt.

Verstärkt wird diese durch das bereits im Titel angedeutete Flüstern. Geredet wird in dem Film allgemein kaum. Wie auch, wenn nur selten eine zweite Person hinzukommt? Und wenn doch, dann nur leise, in Flüstertönen, ein leichtes Rascheln, welche die allgegenwärtige Stille durchbricht. Aber es gibt eh nicht mehr wirklich etwas, worüber es sich zu sprechen lohnte. Außer der Vergangenheit. Der Film tut es diesem Nichtssagen gleich, verzichtet auf eine tatsächliche Handlung oder die grotesk-grellen Momente, wie man sie oft bei Sono findet. Etwa hundert Minuten ist das sehr viel reduzierte The Whispering Star lang. Nicht viel für einen normalen Film. Und doch zu viel für die meisten Zuschauer, das sehr minimalistische Werk tut über einige existenzielle Denkanstöße hinaus nur wenig dafür, die Zeit zu füllen. Und die spärlichen Low-Budget-Kulissen sind ebenso wenig dafür geeignet, von den Effektgewittern der amerikanischen Genrekonkurrenz abzulenken. Dass diese eigenwillige, apokalyptische Zukunftsmelancholie bei Festivals wie Nippon Connection gezeigt wird, sondern auch einen regulären Kinostart erfährt, ist daher eine ebenso seltsame wie schöne Überraschung – wie es der Film auch selbst ist.



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„The Whispering Star“ ist ein typischer Film des japanischen Regieexzentrikers Sion Sono. Und dann auch wieder nicht. Deutlich ruhiger als seine anderen Werke und nahezu handlungsarm ist die gespenstisch-melancholische Zukunftsvision ein ebenso eigenwilliges wie nachdenklich stimmendes Science-Fiction-Werk.
8
von 10