(„Trudes Tier – DVD 1“ directed by Klaus Morschheuser, Johannes Weiland, Michael Bohnenstingl, 2014)
Woher es kam, kann keiner sagen. Nicht einmal das Tier (Synchronstimme: Bernhard Hoëcker) selbst. Oder auch was es ist. Wie es heißt. Wie alt es ist. Aber Trude (Ruth Macke) macht das nichts aus, sie teilt gern ihre Wohnung mit dem großen, komplett mit schwarzem Fell ausgestatteten Wesen. Selbst dann, wenn das Zusammenleben etwas kompliziert wird. Und das wird es. Oft. Denn so groß und stark das Tier auch ist, vom Gemüt her entspricht es eher einem kleinen Kind, das nicht versteht, dass in der Welt der Menschen die Regeln ein klein wenig anders sind.
Die Sendung mit der Maus war in den letzten Jahrzehnten ein beliebter Spielplatz für Animationsserien aus der ganzen Welt, sei es Der kleine Maulwurf, Käpt’n Blaubär oder Shaun das Schaf. Seit rund zwei Jahren gesellt sich auch die deutsche Produktion Trudes Tier hinzu, welche noch nicht den Bekanntheitsgrad der obigen Klassiker erreicht hat, sich aber keinesfalls qualitativ hinter diesen verstecken muss. Wie es der Rahmen vermuten lässt, sind die Geschichten für ein jüngeres Zielpublikum erdacht: Die Kürze der Episoden – jede ist nur knapp 6 Minuten lang – überfordert keine Aufmerksamkeitsspanne, der Inhalt ist recht simpel, sucht sich immer genau ein Thema aus.
Das soll jedoch nicht bedeuten, dass Trudes Tier banal ist. Vielmehr behandeln die neun auf der ersten DVD enthaltenen Folgen mit viel Einfühlungsvermögen jeweils einen Aspekt aus dem kindlichen Alltag, mit dem sich die Zuschauer gut identifizieren können. Da geht es in Nachts darum, wie einem Schatten im Kinderzimmer Angst machen können, oder auch in Feuerwerk, wenn Mami – hier in Gestalt von Mitbewohnerin Trude – auf einmal noch jemand anderen hat, den sie gern hat. Einige der Geschichten sind dabei rein auf Unterhaltung aus, andere sollen als moralischer Kompass dienen – so in Der Bagger, wo das Tier erst noch lernen muss, dass man sich nicht einfach ungefragt alles nehmen darf. Selbst der Tod wird hier angesprochen: In Trällerhannes stirbt der geliebte Piepmatz, was Anlass zu Trauer gibt, aber auch zu Unverständnis. Was heißt das eigentlich, wenn jemand tot ist? Wacht der später noch mal auf?
Es ist diese Mischung aus Witz und Ernsthaftigkeit, gepaart mit einer Menge Charme, die einen hoffen lässt, dass die Serie noch ein paar Zuschauer mehr bekommt. Abgerundet wird das Sehvergnügen durch eine recht ungewöhnliche Optik des Animationsstudios Studio Soi (Der Grüffelo): Die Hintergründe sind in einem sehr klassischen Zeichentrickstil gehalten, irgendwo zwischen Zeitungscartoon und Kinderzeichnung. Die Details sind eher spärlich, die Kanten von Objekten kennen keine richtigen Grenzen, vieles ist schraffiert, die Farbauswahl ist sehr reduziert. Wo der Trend heute zu immer aufwendigeren Computerwelten geht, reduziert Trudes Tier alles auf das Wesentliche und ist gerade deshalb auch sehr angenehm anzusehen. Ganz auf die neueste Technik muss man jedoch nicht verzichten, denn die nicht ganz alltäglich designten Figuren selbst entstammen dann doch den Rechnern, sind aber so gestaltet, dass sie sich sehr harmonisch in das Drumherum einfügen. Das ist alles nicht spektakulär, soll es auch gar nicht sein, ergibt aber doch eine süße, runde Serie, die man dem eigenen Nachwuchs mit gutem Gewissen ans Herz legen darf.
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