(„Bastille Day“ directed by James Watkins, 2016)
Von Bleistiften und Büropapier hat Sean Briar (Idris Elba) seit seiner Versetzung nach Paris mehr als genug. War der ausgebildete CIA-Agent noch vor Kurzem Fäuste schwingend im Außendienst unterwegs, wurde er nach seiner letzten fehlgeschlagenen Mission zum Schreibtischhengst degradiert. Der Zwangsurlaub ist jedoch nicht von langer Dauer, als kurz vor dem französischen Nationalfeiertag eine Bombe die Straßen der Hauptstadt erschüttert. Inmitten des Chaos wittert er seine Chance und macht sich sogleich auf die Suche nach den Schuldigen. Dabei trifft er auf den gebürtigen Amerikaner Michael Mason (Richard Madden), der neben seiner Vorliebe für schöne Frauen und Taschendiebstahl auch noch zur falschen Zeit am falschen Ort war. Dadurch wird er nicht nur zum Hauptverdächtigen des Anschlags, sondern muss auch um sein Leben fürchten, denn zu allem Überfluss wollen die französischen Staatsoberhäupter an ihm ein Exempel statuieren. Es geht um Leben oder Tod! Ersteres legt er wohl oder übel in die rüpelhaften Hände von Sean, der ihm als einziger seine aberwitzige Geschichte abnimmt. Gemeinsam machen sich die beiden auf die Suche nach den eigentlichen Bombenlegern und möglichen nächsten Zielen. Wobei sich ihnen eine Verschwörung eröffnet, die sich von der städtischen Polizei bis in die obersten Staatsränge erstreckt.
Berge an Geld, korrupte Polizisten und nervöse Abzugsfinger? Da war doch was! The Trust und Triple 9 haben es ja mehr oder minder bewiesen, dass das Action-Drama noch längst nicht tot ist und Popcornkino bei den Zuschauern weiterhin hohen Stellenwert genießt. Dem Klingeln der Kinokassen folgt nun auch der Engländer James Watkins, der bisher mit Eden Black (2008) und Die Frau in Schwarz (2012) in ganz anderen Genre-Gewässern zu Hause war, sich trotz des Wechsels aber nicht beeindrucken lässt und die Herausforderung dankend annimmt. Anders als in den beiden zu Beginn genannten Filmen, sind die geldgeilen Gesetzeshüter diesmal auf der entgegengesetzten Seite des Spektrums und ziehen als Antagonisten die kriminellen Fäden im Hintergrund des Geschehens, während ihnen die Protagonisten stetig auf der Spur sind. Eine der Hauptrollen übernimmt Idras Elba (Luther), der vor der Kamera das nächste Bewerbungsvideo für die kommenden James-Bond-Streifen abfilmt und hinter der Kamera den Song für den Abspann einsingt. An seiner Seite Richard Madden (Cinderella), der sein filmisches Portfolio weiter ausbaut und das Serienschwert von Game of Thrones gegen eine Filmpistole eintauscht. Weitere nennenswerte Charaktere sind Kelly Reilly (Flight) als Sean Briars Vorgesetzte Karen Dacre und Charlotte Le Bon (The Walk) als französische Aktivistin Zoe Naville, die den beiden auf der Suche nach den Tätern hilft und selber nicht ganz unschuldig ist.
Die Geschichte ist schnell erzählt, die Verschwörung nach wenigen Handlungsschritten deutlich und die Charaktere liegen ebenfalls schon in ihren jeweiligen Schubladen bereit. Gibt sich Sean Briar als skrupelloser Agent, dem mal jemand wieder gehörig die Leviten lesen müsste, wird er doch schnell zum tugendhaften Sympathieträger. Er ist rüde, schlagfertig, frisst morgens wahrscheinlich Schrauben zum Frühstück und dennoch will er die Leben anderer um jeden Preis beschützen, selbst wenn man dafür die Gesetze und Nasen korrupter Staatshüter manchmal ein wenig biegen muss. Eine Präsenz, die auch vor Michael Mason nicht verborgen bleibt, der sich seinerseits mit Diebstählen über Wasser hält und in den Tag hinein lebt. Als Jugendlicher riss er von zu Hause aus, flog von Amerika nach Paris und blickte nie zurück. Er stellt den sorglosen und unerfahrenen Part des Gespanns dar, dessen Fingerfertigkeiten sich im späteren Verlauf als überaus nützlich erweisen sollen. Beide haben ihr Päckchen zu tragen, lassen ihre Egos nach anfänglichen Schwierigkeiten aber außen vor, um gemeinsam den Attentätern das Handwerk zu legen.
Bastille Day ist weit entfernt davon, originell, kreativ oder gar wegweisend zu sein. Allerdings will er das auch gar nicht. James Watkins Augenmerk liegt auf spannender Unterhaltung, knackiger Action und politischer Aktualität. Konnte er Letzteres natürlich nicht ahnen, sind die Anschläge von Paris Ende letzten Jahres immer noch präsent und so ist der Vergleich nicht von der Hand zu weisen, wenn auch die Auflösung weit entfernt von den eigentlichen Ereignissen ist. Von gut choreografierten Actionszenen über rasante Verfolgungsjagden bis hin zum organisierten Volksaufstand, pendelt sich der Streifen im oberen Drittel seiner Zunft ein und bietet darüber hinaus etwas, was man im Genre schon vergessen glaubte – durchweg gute Unterhaltung. Neue Ansätze sucht man vergeblich, dafür gibt es Altbewährtes frisch zubereitet und auf 90 Minuten Filmmaterial gebannt.
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