(„Blazing Saddles“ directed by Mel Brooks, 1974)
Es ist doch einfach zum Aus-der-Haut-fahren! Erst kann Vizegouverneur Hedley Lamarr (Harvey Korman) die von ihm geplante Eisenbahnstrecke nicht fortsetzen, weil Treibsand im Weg ist. Und dann befindet sich auf der Alternativroute ein Kaff, das einfach nicht den Weg für den Fortschritt (und viel Kohle) freimachen will. Auch Hedleys Plan, die Bevölkerung durch diverse Schläger zu vertreiben, geht nicht so ganz auf, stattdessen wollen die doch tatsächlich einen neuen Sheriff gestellt bekommen. Als Ersatz für den alten, den Hedley hat abmurksen lassen. Aber wo ein Wille ist … Warum nicht einfach Bart (Cleavon Little) als Gesetzesvertreter hinschicken? Der wird es mit Sicherheit nicht lange dort aushalten. Schließlich ist das ein Schwarzer. Und mit Schwarzen können die Leute von Rockridge nicht viel anfangen. Aber auch das will nicht so recht klappen, denn Bart und der dem Alkohol verfallene Revolverheld Kid the Kid (Gene Wilder) fangen tatsächlich an, für Recht und Ordnung zu sorgen.
Anerkennung hatte Mel Brooks für seine ersten beiden Filme The Producers – Frühling für Hitler und Die zwölf Stühle schon bekommen. Aber es war Werk Nummer drei, das ihn zu einem echten Publikumsmagneten machte. In den USA über 100 Millionen Dollar einzuspielen, das ist heute für einen Blockbuster eine Katastrophe. Mitte der 70er jedoch, da war das noch kaum einem Film gelungen.
Ein Grund für diesen Erfolg war sicher, dass Blazing Saddles für jeden etwas in der Seitentasche dabei hatte. Tatsächlich ist es bemerkenswert, mit welcher Chuzpe Brooks hier ständig seinen Humor wechselt. Zunächst finden sich die satirischen Elemente wieder, welche auch schon The Producers ausgezeichnet hatte, etwa wenn er die rassistischen Auswüchse der Amerikaner thematisiert, für die der Wert einer Draisine die eines schwarzen Mannes übersteigt. Auch später finden sich immer wieder Nadelstiche, Brooks hält den Zuschauer mal subtil den Spiegel vor, haut ihm diesen manchmal aber auch um die Ohren.
Zwischendrin darf es dafür auch schon mal ein bisschen derber werden, selbst vor Furzwitzen schreckt hier niemand zurück, von dem exorbitanten Gebrauch des Wortes „Nigger“ ganz zu schweigen. Und dann gibt es natürlich die vielen parodistischen Elemente, wie wir sie von dem Altmeister kennen, zum Teil auch lieben. Dieses Mal ist es, wie der Titel schon verrät, der Western, der hier durch den schlammigen Kakao gezogen wird. Die Geschichte um einen Sheriff, der ein Städtchen vor den Schlägern eines reichen Mannes bewahren muss, doch, das hätte auch in einem „normalen“ Genrevertreter Platz gefunden. Nur dass hier eben nichts normal ist, zum Schluss öffnet Brooks dem (Meta-)Wahnsinn sogar das Scheunentor, reißt genüsslich die Grenzen seines Films nieder.
Was einerseits die Stärke von Blazing Saddles ist, ist gleichzeitig aber auch die Schwäche des Films: Er will zu viel auf einmal sein, wechselt so oft zwischen Farce, Satire, Parodie und derber Komödie, dass der bis zum Schluss keine wirkliche Identität annimmt. Hier wurde einfach alles auf den Zuschauer geworfen, was den Drehbuchautoren vor die Füße fiel. Und das Material ist dabei von sehr schwankender Qualität. Einige Sachen sind großartig, gerade zu Beginn und zum Schluss wird ein wahres Gagfeuerwerk abgeschossen, bissig und absurd zugleich. Dazwischen ist der Film aber oft zu bemüht, die Witze zu erzwungen. Einige Höhepunkte gibt es, darunter die für einen Oscar als beste Nebendarstellerin nominierte Madeline Kahn, welche die deutsche Profiverführerin Lili von Shtupp mimt, eine nicht sehr schmeichelhafte Verulkung von Marlene Dietrich. Aber eben auch viel Langeweile. Zum Teil wurde Blazing Saddles letztendlich einfach von der Zeit überrannt: Was vor 40 Jahren noch schockierend war, ist im Vergleich zu heutigen Komödien recht harmlos, der Film letzten Endes oft altmodisch.
(Anzeige)