(„Gayby Baby“ directed by Maya Newell, 2015)
Eine Ehe, das ist immer noch eine Vereinigung von Mann und Frau. Sagt Julia Gillard, die ehemalige Premierministerin Australien. Sagt die Kirche. „Unsinn“, sagen Gus und Ebony, Matt und Graham. Und die vier wissen zumindest aus eigener Erfahrung, was das bedeutet, schließlich leben die vier in Regenbogenfamilien – so unsere etwas blumige Beschreibung einer Familie, in der Papa und Mama auch mal Papa und Papa bzw. Mama und Mama sein können. Und keinem der vier scheint es geschadet zu haben, dass ihr Umfeld nicht so ganz den traditionellen Vorstellungen entspricht.
Mit einer Montage von Aussagen gegen gleichgeschlechtliche Partnerschaften beginnt Gayby Baby, ein durch Crowdfunding realisierter Dokumentarfilm der Australierin Maya Newell. Und einer deutlich politisch ausgerichteten Stoßrichtung. Danach schlägt die Regisseurin jedoch persönlichere Wege ein, lässt vier Familien zu Wort kommen und ihre jeweiligen Geschichten erzählen. Davon, wie Matt mit der Religiosität seiner Mutter hadert, die jeden Sonntag in die Kirche rennt, obwohl sie von dieser als Sünderin angesehen wird. Oder auch von Graham, der von seinen leiblichen Eltern so misshandelt und vernachlässigt wurde, dass er mit fünf noch nicht sprechen konnte. Bis ihn ein schwules Paar adoptierte.
Natürlich wurde hier ein bisschen nach Vorzeigefamilien gesucht, Newell ist wenig an einer echten Diskussion um Vor- und Nachteile einer Regenbogengemeinschaft gelegen. Das soll nicht bedeuten, dass die vier Beispiele aus idealen Verhältnissen stammen. Ebonys Wunsch, an einer auf Künste spezialisierten Schule aufgenommen zu werden, wird immer wieder durch das Schicksal ihres kleinen Bruders überschattet, der an derart starken epileptischen Anfällen leidet, dass seine beiden Mütter nicht zur Arbeit gehen können. Und Gus, der ein übergroßer Wrestlingfan ist und immer wieder mit seiner kleinen Schwester ringt, eckt ebenfalls regelmäßig an.
Inwieweit das dann überhaupt noch repräsentativ für Regenbogenfamilien ist und damit für eine echte Debatte geeignet, darüber darf man sich streiten. Aber es sind bemerkenswerte Geschichten, welche Newell da ausgepackt hat, voller bemerkenswerter Menschen. Wären da nicht Matts Konflikte mit der Religion, man würde sogar recht schnell vergessen, dass Gayby Baby überhaupt speziell von Kindern homosexueller Eltern spricht. Das ist gleichzeitig eine Schwäche wie auch eine Stärke des Dokumentarfilms. Eine Schwäche deshalb, weil damit die Chance verpasst wurde, Regenbogenfamilien die Normalität zu geben, welche sie eigentlich für sich gern in Anspruch nehmen würden. Eine Stärke, weil man diesen Leuten endlos zusehen und zuhören könnte.
Besonders schön wird es, wenn Newell ihren kleinen Helden das Wort überlässt und diese frank und frei aus ihrem Leben erzählen. Zwischen elf und zwölf Jahren sind die vier, kein reines Kind mehr, aber noch kein echter Jugendlicher, eine Art Zwischenalter, in dem erste große Fragen gestellt werden und nach einer eigenen Position in der Welt gesucht wird. Gerade weil sie noch recht unverblümt zur Sache gehen dürfen, noch nicht die Notwendigkeit für Diplomatie erkannt haben, sind ihre Erkenntnisse oft ebenso simpel wie einleuchtend. Um die ganz großen Erkenntnisse geht es jedoch nicht, sondern um familiären Zusammenhalt. Um Liebe. Wenn wir mitansehen dürfen, wie Gus doch noch mit seiner skeptischen Mutter ein Wrestlingmatch live erleben darf oder mit welcher Geduld Grahams Eltern ihm das Lesen beizubringen versuchen, dann wird einem als Zuschauer so warm ums Herz, dass man nicht verstehen kann, aus welchen Gründen man diese Menschen überhaupt trennen wollte. Womit Newell dann auf eine vielleicht nicht unbedingt sachliche, dafür aber effektive Weise wohl doch noch ihr Ziel erreicht hat.
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