Ice Age
© 20th Century Fox

(„Ice Age“ directed by Chris Wedge and Carlos Saldanha, 2002)

Ice AgeDie Temperaturen werden ungemütlicher, die Nahrungssituation zunehmend schwierig – die nächste Eiszeit steht bevor. Wer kann, schließt sich deshalb größeren Herden an, um gemeinsam dankbarere Landschaften zu erreichen und dem sicheren Tod zu entgehen. Sid ist da eine Ausnahme. Nicht, weil er nicht mit wollte. Vielmehr hat der Rest der Fauna kein großes Interesse, das geschwätzige Faultier im Schlepptau zu haben. Mammut Manfred eigentlich auch nicht, als die beiden zusammen ein einsames Menschenkind finden, bleibt ihm aber nichts anderes übrig, als zu zwei das Findelkind zurück zu den Menschen zu bringen. Bald schließt sich auch der Säbelzahntiger Diego dem Unternehmen an, wenn auch aus weniger selbstlosen Gründen: Er hat versprochen, das Kleine zu seinem Anführer zu bringen, der sich an dem Kind für die Verbrechen rächen will, welche die Menschen den Tigern angetan haben.

Die 2000er werden bei Animationsfans immer die Dekade markieren, in der das Massensterben der klassischen Zeichentrickfilme begann. Disney sagte sich mit Die Kühe sind los von seine ruhmreichen handgefertigten Geschichte los, DreamWorks Animation hatte nach diversen Flops (Spirit – Der wilde Mustang, Sindbad – Der Herr der sieben Meere) ebenso die Schnauze voll. Die Fox Animation Studios mussten nach Titan A. E sogar ganz schließen. Und das hatte auch auf Ice Age Auswirkungen. Ursprünglich als dramatischer Zeichentrickfilm gedacht, durften die Blue Sky Studios (Epic, Die Peanuts – Der Film) bei ihrem Spielfilmdebüt nicht nur ihre Computergrafikexpertise ins Spiel bringen, der ursprünglich düstere Ton wich einer Slapstickkomödie für ein tendenziell jüngeres Publikum. Don Bluth (Mrs Brisby und as Geheimnis von Nimh), der gemeinsam mit Gary Goldman hätte Regie führen sollen, mag über diese Änderungen erbost gewesen sein, für Fox lohnte sich die Neuausrichtung jedoch: Der Film wurde zu einem beachtlichen Erfolg und zog diverse Kassenschlager nach sich.

Dass man seinerzeit einen Nerv traf, ist unbestreitbar, mit einigem zeitlichen Abstand ist die erneute Sichtung von Ice Age jedoch etwas ernüchternd. Dass die Zeit und damit die technische Entwicklung in den 14 Jahren nicht stehengeblieben ist, liegt auf der Hand, was seinerzeit noch State of the Art gewesen sein mag, ist aus heutiger Sicht manchmal schon nahezu unzumutbar geworden. Dabei kam dem Regieduo Chris Wedge und Carlos Saldanha das Setting schon sehr entgegen: Wo fast alles von Schnee und Eis bedeckt ist, braucht es nicht mehr viel zu modellieren. Das, was da ist, ist aber schon recht grob gehauen, sowohl was die Konturen wie auch den Detailreichtum angeht. Viel mehr als große Klötze gibt es nicht zu sehen. Die Figuren sind da schon deutlich ansehnlicher, fügen sich aber nicht immer gut in den Hintergrund ein, sehen zu oft danach aus, als wären sie Fremdkörper inmitten der Landschaft.

Feingeister dürfen den Animationserfolg daher ignorieren. Für die hätte es aber auch inhaltlich nur wenig Anziehendes gegeben: Der Film verlässt sich stark auf seinen sehr körperbetonten Slapstick und die zahlreichen Actionszenen, vor allem aber auf die Figuren. Die sind es auch, die Ice Age am Ende auszeichnen. Ähnlich zum Disney-Klassiker Das Dschungelbuch ist hier der Weg das Ziel, die Reise lediglich ein Aufhänger für kuriose Situationen und kuriose Begegnungen. An vorderster Front ist dabei natürlich Scrat, jene Mischung aus Eichhörnchen („squirrel“) und Ratte („rat“), dessen vergeblichen Versuche, eine Eichel in Sicherheit zu bringen, zu einem derart beliebten Running Gag wurden, dass die Fantasiegestalt in den Folgefilmen noch prominenter eingesetzt wurde. Und auch der Auftritt der Dodos kurz vor ihrem Aussterben wurde Kult.

Bei den eigentlichen Hauptfiguren geht es weniger spannend zu. Manfred und Diego sind recht gewöhnliche tierische Protagonisten, die im besten Buddy-Movie-Stil ihre Differenzen beilegen müssen und so zu echten Freunden werden – Tränendrüsenangriff zum Ende hin inklusive. Der quirlige Sid wiederum ist mit seiner naiv-tollpatschigen Art eher für Kinder geeignet, geht mitunter nicht nur seinem tierischen Umfeld etwas auf die Nerven. Spaßig ist das Ganze irgendwo, von dem Charme Moglis und dessen Begegnungen ist Ice Age dann aber doch recht weit entfernt, so wie es der Film allgemein nicht mit den konkurrierenden Spitzentiteln von Disney, Pixar oder DreamWorks aufnehmen kann, dafür betritt die etwas andere Herde bei ihrer Suche nach einer neuen Heimat dann doch zu ausgetretene Pfade.



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Der erste Ausflug etablierte die eiszeitliche Rasselbande als durchaus witzigen Neuzugang in der großen Animationsmenagerie. Optisch ist das Ganze aber schwer in die Jahre gekommen, einigen schön kuriosen Einfällen steht ein plattgetrampelter Handlungspfad und recht simpler Slapstick gegenüber.
6
von 10