(„Treppe aufwärts“ directed by Mia Maariel Meyer, 2015)
Das hat Adam (Hanno Koffler) gerade noch gefehlt! Als wäre es nicht schon schlimm genug, dass sein Vater Woyzeck (Christian Wolff) einen enormen Schuldenberg angehäuft hat, den er nur mühsam als Taxifahrer und Glücksspieler abträgt, da steht auf einmal sein 16-jähriger Sohn Ben (Matti Schmidt-Schaller) vor der Tür. Einerseits ist das schön, schließlich ist der Kontakt seit der Scheidung nur sehr eingeschränkt gewesen. Der Anlass ist es weniger: Ben wurde von der Schule suspendiert und ist von zu Hause weggelaufen. Immerhin bietet sich Adam so endlich die Gelegenheit, das zerrüttete Verhältnis wieder aufzubessern. Nur dass Ben darauf keine Lust hat und seine Zeit stattdessen lieber mit dem Kleinkriminellen Bardo (Patrick Wolff) verbringt.
Wer einmal damit angefangen hat, der hört so bald nicht mehr damit auf: das Spielen. Das zumindest lehren uns in schöner Regelmäßigkeit Filme, in denen Schulden einfache Menschen zu großen Verbrechern machen, mit ungewöhnlichen, oft brutalen Coups. Brutal wird Treppe aufwärts nur selten, wirklich ungewöhnlich nie. Das soll der Film aber auch gar nicht sein. Anstatt aus dem Stoff einen unterhaltsam-spannenden Genrebeitrag liefern zu wollen, zieht es Regisseurin und Drehbuchautorin Mia Maariel Meyer vor, einen möglichst nüchternen Blick auf die Auswirkungen einer solchen Spielsucht zu werfen.
Das deutsche Drama sucht dann auch weniger die großen Momente im Leben, sondern leuchtet behutsam die familiären Verhältnisse der drei aus. Und behutsam ist hier tatsächlich auch so zu verstehen: Das Tempo ist eher gering, Meyer lässt einen auch lange im Unklaren, warum sich Adam und seine Frau nun getrennt haben, es dauert eine Weile, bis man in der Dunkelheit einige Punkte erkennt. Passend dazu wurden die meisten Szenen auch bei Nacht gedreht oder in schummrigen Innenräumen, um keinen Zweifel daran zu lassen, dass wir uns hier nicht unbedingt in glücksverwöhnten Gesellschaften aufhalten.
Das ist an manchen Stellen vielleicht ein wenig übertrieben. Großvater und Vater haben Probleme mit dem Spielen, der Sohn klaut, dessen Bekanntschaft stellt sich als Verbrecher heraus. Und dann sehen wir in einer Szene auch noch, wie ein anderer Mann mit seinem Kind in eine Kneipe kommt – auch er ist dem Spielen hörig. Wenn überhaupt obliegt es den Frauen der Geschichte, etwas Hoffnung ins Trübsal zu bringen, was dem Film einen leicht belehrenden Ton gibt, den dieser eigentlich gar nicht nötig hätte.
Aber auch wenn Treppe aufwärts ein bisschen zu oft am Zufallsautomaten spielt, ist ihr Debüt doch ein sehenswertes Drama über zerstörerische Kräfte und den verzweifelten Kampf dagegen, über gescheiterte Familien und vorsichtige Annäherungen. Das ist in den richtigen Momenten berührend, manchmal auch mit tragischem Witz erzählt. Aber selbst in den weniger geglückten Momenten, wenn die Absicht etwas zu sehr das Ergebnis überschattet, darf man sich auf gute, manchmal sogar mitreißende Darstellungen freuen. Vor allem Hanno Koffler als vom Leben gezeichneter Pechvogel, der wider aller Umstände an das kleine, persönliche Glück glaubt, hält den Film mit seinem Spieleifer bis zum Ende zusammen.
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