(„The Rescuers“ directed by Art Stevens, John Lounsbery and Wolfgang Reitherman, 1977)
Wer Hilfe braucht, der bekommt sie auch! Das zumindest ist das erklärte Vorhaben der internationalen Mäuserettungsgesellschaft. Und so zögern sie auch nicht lange, als sie eine Flaschenpost mit dem Brief einer Penny erreicht, in dem sie um Hilfe bittet. Die elegante, ungarische Agentin Miss Bianca erklärt sich sofort bereit, sich zusammen mit dem scheuen Mäusehausmeister Bernard auf die Suche nach dem vermissten Waisenmädchen zu machen. Einfach ist die Aufgabe nicht, denn allzu viele Hinweise enthielt der Brief nicht. Nach einigen Ermittlungen entdecken die beiden aber doch noch eine Spur. Und die führt sie in die dunklen Sümpfe der Teufelsbucht.
Bernard & Bianca ist in vielerlei Hinsicht ein ungewöhnlicher Teil von Disneys jahrzehntealter Animationsreihe. Er war nie so beliebt wie vorangegangene Klassiker wie 101 Dalmatiner oder Das Dschungelbuch, zog aber mit Bernard & Bianca im Känguruland als erster Disney-Zeichentrickfilm einen Nachfolger nach sich. Einen richtigen Nachfolger wohlgemerkt, keine der billigen Direct-to-Video-Produktionen der berüchtigten DisneyToon Studios. Und es markierte 1977 einen Übergang zu einer jüngeren Generation von Animationskünstlern. Wolfgang Reitherman beispielsweise, der die sechs vorangegangenen Filme inszeniert hatte, führte hier das letzte Mal Regie. Allgemein war Bernard & Bianca der letzte, an dem die sogenannten „Nine Old Men“ so direkt noch beteiligt waren.
Vieles erinnert hier auch noch an die klassischen Werke, von den wunderbaren Hintergründen über die geschmeidigen Animationen bis zu den witzigen Figuren. Die durchgeknallte und bösartige Madame Medusa etwa reiht sich nahtlos in die Riege farbenfroher Bösewichter ein, welche diverse Disney-Filme zuvor ausgezeichnet hatten. Der tollpatschige Albatros Orville, für den jeder Start und jede Landung ein größeres Abenteuer bedeutet, genießt ohnehin Kultstatus. Und dann wären da noch die beiden Mäuse, die über sich hinauswachsen müssen und das Bild der Amateuragenten verkörpern, wie wir sie in „echten“ Krimiserien so oft sehen konnten.
Anders als so mancher Disney-Film zuvor, der sich allein auf der Stärke seiner Figuren ausruhte, enthält Bernard & Bianca darüber hinaus aber auch eine tatsächliche Geschichte. Basierend auf den Kinderbüchern der englischen Schriftstellerin Margery Sharp werden hier Krimi- mit späteren Abenteuerelementen kombiniert. Nicht nur der diabolischen Madame Medusa und ihrer beiden riesigen Krokodile wegen ist das hier alles etwas düsterer als gewohnt. Wenn Penny im Auftrag der Despotin einen geheimen Schatz finden soll, dann ist das für die kleinsten Zuschauer vielleicht sogar schon etwas zu spannend.
Zwischendurch darf aber auch immer mal wieder gelacht werden. Eigentlich ist fast jeder Auftritt von Orville oder auch der ebenfalls im Transportwesen tätigen Libelle mindestens ein Grund zum Lächeln, die beiden Krokodile und Medusas unfähiger Komplize Snoops tragen genauso zuweilen zur Erheiterung bei. Die Schauplätze hätten, erst einmal in den Sümpfen angekommen, sicher noch etwas mehr Abwechslung vertragen können, diverse Sumpfbewohner kommen auch sehr kurz – eigentlich weiß man zum Schluss gar nicht so genau, wer die denn nun waren. Ansonsten aber ist Bernard & Bianca – Die Mäusepolizei einer der schönsten und charmantesten Filme im umfangreichen Disney-Oeuvre, gefällt durch die dank einer verfeinerten Technik weicheren Konturen und gerade in der Eröffnungssequenz beim internationalen Mäusetreffen durch viel Liebe zum Detail.
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