(„The BFG“ directed by Steven Spielberg, 2016)
Wenn Sophie (Ruby Barnhill) nachts nicht schlafen kann, was häufiger mal vorkommt, dann erledigt sie kleinere Arbeiten im Waisenhaus oder beobachtet von ihrem Balkon aus die nächtlichen Straßen. Letzteres erweist sich aber als großer Fehler, als sie dabei einen großen Riesen (Mark Rylance) entdeckt, der umher schleicht. Denn dieser möchte seine Existenz vor den Menschen ganz gern geheimhalten und nimmt daher das Mädchen kurzentschlossen einfach mit. Glücklicherweise entpuppt sich der Gigant aber als ausgesprochen zahm und noch dazu als Vegetarier! Was man vor den anderen überaus fiesen Riesen des Reiches nicht behaupten kann …
Nachdem Steven Spielberg zuletzt mit Gefährten, Lincoln und Bridge of Spies drei historische Filme für Erwachsene abdrehte, kehrt er hier zu seinen familienfreundlichen Wurzeln zurück. Ein Kind, das sich mit einem etwas unheimlich dreinschauenden, fremden Wesen anfreundet, da braucht es nicht lange, bis Vergleiche mit Spielbergs Klassiker E.T. anstehen. Umso mehr, da in beiden Fällen die 2015 verstorbene Melissa Mathison für das Drehbuch zuständig war. Die Geschichte von BFG wiederum basiert auf dem gleichnamigen Buch von Roald Dahl. Und wer das literarische Werk des Walisers kennt, der weiß, dass dieses oft skurril war, etwas verdreht. Manchmal auch richtig unheimlich.
Dass die Verfilmung zumindest in den USA zu einem gigantischen Flop wurde – Produktionskosten von 140 Millionen Dollar stehen dort Einnahmen von nicht einmal 50 Millionen Dollar gegenüber –, dürfte dann auch an dieser Zwiespältigkeit geschuldet sein. Für einen echten Kinderfilm ist BFG etwas zu gruselig: Die Riesen sehen furchteinflößend sein, ein bisschen grotesk sogar, sind mit ihrer kulinarischen Vorliebe für kleine Kinder der Stoff, aus dem Alpträume gemacht werden. Erwachsene wiederum dürfen bei den diversen Furzeinlagen mit den Augen rollen oder sich an der recht simplen Geschichte stören, die eigentlich nicht genug für einen ausgewachsenen Spielfilm hergibt.
Ein bisschen zwischen zwei Stühle gefallen, ist der Film dann auch am ehesten für diese geeignet, die sich selbst schon dort aufhalten: Träumer, sentimental veranlagte Schwärmer, Erwachsene mit dem Herzen eines Kindes. Die dürfen sich hier auch über viele schöne Szenen freuen. Die vielen kleinen Wortspielereien des Riesen zum Beispiel, der sich die Sprache der Menschen im Vorfeld etwas mühevoll angeeignet hat. Der Ausflug in die Traumwelt, wo BFG – eine Abkürzung für Big Friendly Giant – Geschichten und Motive für die schlafenden Menschen einsammelt. Und gerade auch die Szenen, wenn sich die hinreißend spielende Ruby Barnhill und der am Computer erstellte Riese sich annähern.
Diese Szenen stellen gleichzeitig jedoch auch Schwachpunkte des Films dar, zumindest in visueller Hinsicht. So technisch beeindruckend vieles an BFG auch ist – vor allem die Anfangssequenzen, wenn der Riese durch die Straßen schleicht, sind großartig, auch das Spiel mit den Größenunterschieden kann sich sehen lassen –, die Kombination aus Realaufnahmen und Computerelementen, die will oft nicht so richtig funktionieren. Wenn BFG beispielsweise die kleine Sophie in die Hand nimmt, dann sind die Übergänge geradezu erschreckend plump, reißen einen regelmäßig aus der wohligen Illusion. Und auch den anfänglichen Laufeinlagen des Riesen, wenn er über das Land hechtet, fehlt es an der nötigen Schwere, um den Eindruck aufrechtzuerhalten, vieles an dem Film wirkt unangenehm künstlich.
Besser sieht es aus, wenn sich das Team von BFG ganz in die fantastischen Welten stürzen kann, eben bei den umherschwirrenden Träumen. Und gerade die Hütte des gigantischen Vegetariers bietet so viele liebevolle Details, dass man sich im Kinosessel geradezu wünschen würde, zwischendurch auch einfach mal anzuhalten und sich alles in Ruhe anschauen zu können. Dieses visuelle Feuerwerk ist es dann auch, was die zweite Adaption der inzwischen betagten Zeichentrickfassung Sophie und der große freundliche Riese voraus hat. Aber auch der etwas verstärkte Humor und das besser austarierte Tempo der Erzählung tragen dazu bei, dass Dahls filmisch umgesetzte Geschichte zu einer zwar nicht immer überzeugenden, insgesamt aber schönen Abendunterhaltung für die Familie wurde.
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