(„The Jungle Book 2“ directed by Steve Trenbirth, 2003)
Es ist schon eine Weile her, dass Mogli der hübschen Shanti ins Dorf der Menschen folgte, wo er von den Bewohnern mit offenen Armen empfangen wurde. Richtig glücklich ist das Findelkind darüber dennoch nicht. Zu viele Regeln, zu wenig Spaß! Es ist aber nicht nur das wilde Leben im Dschungel, das dem Jungen fehlt, er vermisst zudem seinen Ziehvater, den Bärn Balu. Dem geht das nicht anders. Und so schleicht sich Balu eines Tages ins Dorf, um nach Mogli zu sehen – mit turbulenten Folgen. Die beiden gehen kehren in den Dschungel zurück, verfolgt von den Menschen, verfolgt aber auch von dem Tiger Shir Khan, der noch immer einen großen Groll gegenüber Mogli hegt.
Es dürfte kaum ein Animationsstudio geben, das häufiger ins Lächerliche gezogen, von vielen sogar verachtet wurde als die DisneyToon Studios. Nicht weil sie für sich genommen so fürchterlich sind. Durchschnittlich eher, wenig bemerkenswert. Aber das ist eben nicht genug, wenn man die ehrenvolle Aufgabe bekommt, die großen Zeichentrickklassiker des Mäusekonzerns fortzusetzen. Das Dschungelbuch zum Beispiel, für viele das beste der alten Disneywerke, ein zeitloser Spaß, der geradezu überquoll von fantastischen Figuren und eingängigen Liedern. Beides wird man von Das Dschungelbuch 2 nur im begrenzten Maße behaupten können.
Dabei wäre es eigentlich gar nicht so wahnsinnig schwierig geworden, bei einem zweiten Ausflug in den Dschungel eigene Akzente zu setzen. Denn so wunderbar das Ensemble und die audiovisuelle Umsetzung von Rudyard Kiplings Buch auch waren, die Geschichte war schon sehr dünn. Eigentlich bestand Das Dschungelbuch aus einer Kollektion humorvoller Einzelszenen, die in nahezu beliebiger Reihenfolge zusammengeschnitten wurden. Den Drehbuchautoren des zweiten Teils gelang jedoch das „Kunststück“, die nicht sehr hohe Messlatte und damit einzigen Schwachpunkt des Originals noch einmal deutlich zu verfehlen. Das Dschungelbuch 2 begnügt sich damit, alte Szenen zu wiederholen, teilweise fast Bild für Bild. Mit dem Unterschied, dass sie jetzt nicht einmal mit einem Ziel – das Erreichen des Dorfes – verbunden sind, sondern einfach so irgendwie stattfinden.
Und das ist letztendlich das Hauptproblem des Films: Es fehlt ihm der Charakter, die Idee, die Eigenständigkeit. Das Mädchen Shanti wurde hinzugefügt, dazu noch ein Geier. Das war es aber auch schon an Neuerungen, sämtliche anderen Figuren wurden direkt übernommen, ohne dass ihnen neue Nuancen abgewonnen wurden oder man witzige Einfälle für sie hatte. „Gut geklaut ist besser als schlecht erfunden“, heißt es ja gerne. Im Fall von Das Dschungelbuch 2 kann man aber nicht einmal das behaupten. So schön es beispielsweise ist, den Ohrwurm „Probier’s mal mit Gemütlichkeit“ wiederzuhören, wenn er in nur 70 Minuten gleich dreimal bemüht wird, dann ist das schon ein ziemliches Armutszeugnis. Und das betrifft dann auch eben den Rest: Man hielt sich hier so peinlich genau an die Vorlage, dass einem kein echter Grund einfallen will, nicht doch gleich wieder zu dieser zu greifen.
Das bedeutet nicht, dass Das Dschungelbuch 2 abgrundtief schlecht wäre, die entsprechenden Filmkritiken schossen dann doch ein bisschen übers Ziel hinaus. So sind die Bilder recht sauber und farbenfroh, die Synchronisation gelungen – im Original hört man immerhin Haley Joel Osment und John Goodman – und selbst in ihrer stark verwässerten Form ist der Charme der kuriosen Rasselbande noch zu spüren. Nur fehlt dem Film über das offensichtliche finanzielle Interesse vonseiten Disneys hinaus jegliche Daseinsberechtigung: Das Dschungelbuch 2 ist ein harmloses, insgesamt steriles Animationsabenteuer für Kinder, das so sehr auf sicheren Pfaden wandelt, dass man zwischenzeitlich vor Langeweile einzuschlafen droht.
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