(„Green Legend Ran“ directed by Satoshi Saga, 1992/93)
In der fernen Zukunft hat die Erde nicht mehr viel mit ihrem jetzigen Erscheinungsbild gemeinsam. Riesige Wassermassen? Ausgedehnte Wälder? All das gehört der Vergangenheit an, seitdem der mächtige Gott Rodo als Strafe für die frevelnden Menschen seine Statuen schickte und sich der blaue Planet daraufhin in eine riesige Wüste verwandelt hat. Trinkwasser ist inzwischen ein seltenes Gut geworden, der mächtige Kult der Rodoisten verwaltet die knappen Reserven mit eiserner Hand. Nur eine kleine Gruppe an Rebellen, Hazzards genannt, lehnt sich gegen die Schreckensherrschaft auf und fordert einen gerechten Zugang für alle. Der junge Ran, der sich eines Tages den Hazzards anschließt, hat aber noch einen zweiten Grund, gegen die Soldaten zu kämpfen: Einer von ihnen hat damals seine Mutter ermordet, wofür er Rache geschworen hat. Richtig kompliziert wird es jedoch erst, als er dabei Aria kennenlernt, ein silberhaariges Waisenkind, welches über eigenartige Kräfte zu verfügen scheint.
Green Legend Ran ist einer dieser Anime, der im Zuge der großen Welle in den 90ern nach Deutschland kam, an den sich heute aber kaum einer mehr erinnert. Das mag sicher auch daran liegen, dass die ursprünglich aus drei Episoden bestehende Direct-to-Video-Produktion inhaltlich erst einmal nur wenig bietet, woran man sich tatsächlich erinnern müsste. Eine postapokalyptische Welt, in der die Natur zerstört wurde, ein aufbrausender junger Held, der die Despoten niederringt, ein geheimnisvolles Mädchen mit unbekannten Kräften – das war schon vor über zwanzig Jahren nicht wirklich neu gewesen. Immer wieder meint man dann auch, vielleicht versehentlich doch einen anderen Anime eingelegt zu haben, gerade die Ökogeschichten von Nausicaä aus dem Tal der Winde und Nadia: The Secret of Blue Water kommen einem immer wieder in den Sinn. Dass viele der Figuren keine echten Charaktereigenschaften entwickeln, hilft auch nicht unbedingt dabei, sich von der großen Konkurrenz abzuheben.
Ein paar interessante Punkte gibt es dann aber doch, für den sich Green Legend Ran lohnen würde. Zum einen spielt der Wahnsinn des Krieges eine größere Rolle: Auch wenn die Hazzards beispielsweise als Rebellen automatisch die guten sein sollten, so ganz eindeutig ist das nicht immer. Bemerkenswerter noch sind aber die Gegenspieler, welche den einstigen Unglücksbringer verehren und einen bizarren Kult daraus geschaffen haben. Und überhaupt: Bizarr ist so einiges an den Anime, von den alptraumhaften Illusionen, welche die Protagonisten immer mal wieder haben, über die verzerrten und völlig unproportioniert gestalteten Bischöfe bis zu der besonderen Rolle von Pflanzen. Erklärt wird davon nicht alles, was einerseits den Mysteryfaktor hochhält, andererseits aber etwas unbefriedigend ist – vor allem, da sich die Geschichte nur sehr langsam fortbewegt, man sich viel Zeit für wenig Inhalt lässt.
Dass Green Legend Ran oft etwas eigenartig wird, liegt aber auch an der audiovisuellen Umsetzung. Nein, ein technisches Meisterwerk hat das Animationsstudio AIC (El Hazard, Now and Then, Here and There) sicher nicht abgeliefert. Die Bewegungen sind flüssig genug, die Designs teils gelungen – gerade der Kontrast zwischen den etwas faden normalen Menschen und den missgestalteten Kultanhängern. Auch sonst arbeitet man hier gern mit Kontrasten: Rote Wüsten, weißer Himmel, da gibt es keine Nuancen. Und kaum Hintergründe, die meisten Szenen bestehen aus detailarmen Flächen. Aber auch wenn das Auge nur wenig geboten bekommt, irgendwie ist das Ergebnis doch stimmig. Gerade weil die Figuren oft in leeren Räumen agieren, entwickelt sich daraus eine surreale und düstere Endzeitatmosphäre, welche zu den Alptraumszenen passt und dabei von einer Musik unterstützt wird, die tendenziell in Richtung Rock geht und nie so wirklich dazuzugehören scheint.
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