(„Gut zu Vögeln“ directed by Mira Thiel, 2016)
Gebt Bescheid, falls euch das folgende Szenario bekannt vorkommen sollte: Nette, aber naive, weibliche Hauptfigur wird von ihrem perfekten Verlobten verlassen. Notgedrungen zieht sie in eine WG mit einem infantilen Macho, der das Herz eigentlich am rechten Fleck trägt, aber noch den gewissen Schubs in die richtige Richtung benötigt. Der Dritte im Bunde ist ein homosexueller Türke, der für die Geschichte nicht relevant ist, jedoch ein/zwei Gags reißen darf, die sich andere Figuren nicht erlauben können. Punkt, Satz und Sieg. Ihr habt Recht. Das ist eine typische deutsche Liebeskomödie, wie man sie schon hundert Mal zu Gesicht bekommen hat. Dieses Mal aber auf eine andere Zielgeneration zugeschnitten.
Die Generation, die die romantischen Abenteuer von Society-Reporterin Merlin (Anja Knauer) verfolgen und genießen sollen, sind jetzt um die dreißig, kennen sich mit der modernen Webwelt aus und sind im großen und ganzen die frechen, flotten Nachwuchskünstler. Halt alle, die sich selbst als Kinder mit Genug Taschengeld für unendlich viele Süßigkeiten bezeichnen würden. Der Körper ist schon auf dem Weg des Zerfalls, aber das Gehirn tickt jugendlich. Und solche Menschen mögen ebenfalls die knisternde Liebe, nicht wahr? Es ist genau diese Zielgruppe, die sich in Menschen wie Simon (Max Giermann) – der größte Partyheld von allen; jetzt werdender Vater und notgedrungen Neu-Erwachsener – hineinversetzen kann. Oder dem Klischeesingle Jacob (Max von Thun), der eigentlich auf Kriegsfuß mit Merlin steht, sich aber dann doch zu ihr hingezogen fühlt.
Und weil man schon so viele dieser Schnulzen mit Mama in den 1990ern gucken musste und daher genau weiß, wie solche Filme ablaufen, überspringt Gut zu Vögeln auch die meisten Einstellungen und konzentriert sich 92 Minuten lang auf Schlüsselszenen. Die laufen im Kern zwar genauso ab wie ihre älteren Brüder und Schwestern der letzten dreißig Jahre, aber die Macher hatten viele Ideen, wie man diese neu und witzig präsentieren kann. An Einfallsreichtum mangelt es der Komödie von Mira Thiel also nicht. Höchstens an Niveau und einer zusammenhängenden Geschichte.
Die einzelnen Szenen wirken wie aus einer Sketchshow der frühen 2000er; ein Best of Anke Engelke vielleicht. Obwohl das jeder für sich selbst entscheiden muss. Aussage ist, dass dieses Machwerk weniger wie ein Film wirkt und viel mehr wie eine Mini-Serie im Internet: Fünfminütige Clips, die am Ende eine ganze Geschichte ergeben, nichtsdestotrotz kaum als ganzer Film bezeichnet werden können. Einige Gags sind tatsächlich sehr amüsant, andere sind zum Fremdschämen und ganz wenige einfach nur doof. Das macht Gut zu Vögeln nicht schlechter als andere Vertreter dieses Genres, aber auch nur dann besser, wenn man diesen – nennen wir ihn mal „frechen“ – Humor bevorzugt.
Gegen die schauspielerische Leistung kann man an dieser Stelle wenig sagen. Schon alleine deswegen, weil die einzelnen Figuren so eindimensional und altbacken sind, dass selbst die besten unter den Schauspielern nicht viel daraus machen könnten. Und die Vertreter in dieser Komödie sind nun mal nicht die besten. Sie machen einen soliden Job und für eine seichte Unterhaltung am Abend ist das auch alles, was es braucht. Was sich die Macher jedoch bei der Musikuntermalung gedacht haben, ist schwierig zu beantworten. Wir nehmen einfach mal an, damit sollte der Nostalgiefaktor gekitzelt werden und wir uns in beste Retromanier an die Ohrwürmer vergangener Tage erinnern. Bleibt nur das Fragezeichen, warum man sich dann für Musikstücke entschieden hat, die sich mit der selbst ausgewählten Zielgruppe nur spärlich überschneiden.
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