(„Manhattan – Season 1“, 2014)
Es ist eine Aufgabe, die so gewaltig, dass sie den Lauf der Geschichte verändern kann. Und eine Aufgabe, von der aus eben diesem Grund auch niemand erfahren darf. Abgelegen in der Wüste arbeitet Dr. Frank Winter (John Benjamin Hickey) zusammen mit Louis „Fritz“ Fedowitz (Michael Chernus), Dr. Helen Prins (Katja Herbers), Paul Crosley (Harry Lloyd), Jim Meeks (Christopher Denham) und Dr. Glen Babbit (Daniel Stern) an einer Atombombe, um so dem Zweiten Weltkrieg ein Ende zu bereiten. Doch diese Forschungsarbeiten sind ein Rennen gegen die Zeit, denn auch die Deutschen werkeln seit Längerem an der todbringenden Waffe. Hinzu kommen innere Spannungen, welche immer wieder die Arbeit erschweren, und sowohl im Team selbst wie auch mit einem konkurrierenden in der Militäranlage auftreten, allen voran dem jungen Wissenschaftler Dr. Charlie Isaacs (Ashley Zukerman).
Filme und Serien zum zweiten Weltkrieg muss man nicht unbedingt erst noch suchen, da wurde so ziemlich jedes Feld aus dem Kriegsschauplatz abgegrast, das sich finden ließ. Dachte man. Manhattan nimmt sich dabei eines Themas an, das tatsächlich selten beleuchtet wurde. Zum einen sicherlich aufgrund der streng geheimen Natur des Projekts: Was damals wirklich vor sich ging in diesem kleinen Ort in New Mexico, das wussten oft nicht mal die, die an dem Projekt beteiligt waren. Außerdem war der Einsatz der Waffe, der weit mehr als 100.000 Zivilisten das Leben kostete und die beiden Städte Hiroshima und Nagasaki verseuchte, moralisch mindestens fragwürdig und deshalb für Heldengeschichten wenig geeignet.
Beiden Punkten begegnet die Serie auch. Immer wieder haben die Protagonisten, welche sich der Tragweite ihrer Forschung bewusst sind, mit Selbstzweifeln zu kämpfen. Was ist die richtige Entscheidung, wenn beide Alternativen – mitmachen oder nicht – unzählige Opfer nach sich ziehen werden? Gibt es diese richtige Entscheidung überhaupt? Auch wenn am Ende nur wenige sich konsequent der Superwaffe verweigern, man muss es Manhattan zumindest anrechnen, dass beide Seiten zu Wort kommen.
Der wichtigere Part der Serie betrifft aber besagte Geheimhaltung, da sie das Tor für allerlei Spionagehandlungen öffnet und erschreckende Anti-Spionagehandlungen. Eigentlich hat hier jeder so seine Geheimnisse, manchmal kann man als Zuschauer schon gar nicht mehr so genau sagen, wer da eigentlich wen hintergeht. Spannend ist das aber, selbst wenn man den historischen Kontext einmal außen vorlässt. Zudem hat dieser Punkt den interessanten Nebeneffekt, dass auch die Frauen der Wissenschaftler immer wieder in den Fokus rücken, da selbst sie nichts über die Arbeit erfahren dürfen und wie Gefangene in der improvisierten Siedlung hausen – was ständig zu Konflikten führt. Vor allem drei sind es, die hier etwas zu sagen haben: Dr. Helen Prins, die als einzige Frau im Team oft nicht ernst genommen wird, Franks Frau Liza (Olivia Williams), eine anerkannte Botanikerin, der jegliche wissenschaftliche Arbeit verboten wird, und Charlies Frau Abby (Rachel Brosnahan), die sich im Laufe der 13 Folgen zu mehr als einem Anhängsel weiterentwickelt.
Auch unabhängig von den feministischen Tendenzen wird in Manhattan sehr viel Zeit auf die größtenteils fiktiven Figuren aufgewendet. Das bewegt sich teilweise zwar gefährlich nahe zur Seifenoper-Grenze hin, bekommt aber doch immer wieder die Kurve und beschenkt uns auf diese Weise mit unerwartet komplexen Charakteren, die mal skurril, oft aber auch tragisch sind. Die ganz großen Stars hat die Serie dabei zwar nicht zu bieten, was angesichts des unbestreitbaren Talents kein Nachteil ist. Und auch die Ausstattung lässt nichts zu wünschen übrig, nimmt uns mit in eine Vergangenheit, die sehr schön anzusehen ist, die man in der Form aber sicher nicht erleben wollte – zu klaustrophobisch und gar menschenverachtend ist das Leben in der unfreiwilligen Kommune. Als Zuschauer jedoch unterhält diese Mischung aus Drama und Spionagespannung sehr gut und lässt einen, nicht aufgrund des obligatorischen Cliffhangers, schon der zweiten Staffel entgegenfiebern.
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