Sophie und der grosse freundliche Riese

Sophie und der große freundliche Riese

(„The BFG“ directed by Brian Cosgrove, 1989)

Sophie und der grosse freundliche RieseNein, sonderlich glücklich ist Sophie in ihrem Waisenhaus nicht, dafür sorgt schon die despotische Mrs. Clankers. Und doch wird sie sich bald dorthin zurücksehnen, als sie eines Nachts von einem Riesen entdeckt wird, der sie mit zu sich nimmt. Glücklicherweise ist dieser gar nicht böswillig, eigentlich sogar recht freundlich und zu Sophies Erleichterung auch ein Vegetarier. Damit stellt er jedoch die absolute Ausnahme im Riesenland da: Die anderen sind nicht nur viel größer und ungehobelter als er, sondern haben auch eine Vorliebe für Menschenfleisch.

Sophie und der große freundliche Riese ist ein eigenartiger Film. Das war zum Teil natürlich auch zu erwarten, wie bei jedem Film, der auf einem Buch von Roald Dahl basiert. „Sophiechen und der Riese“ heißt das Werk in Papierform, stammt ursprünglich aus dem Jahr 1982 und wurde hierzulande mit dem Deutschen Jugendbuchpreis ausgezeichnet. Prinzipiell richtet sich dann auch der Film an ein etwas jüngeres Publikum, gerade auch in den albernen Momenten, wenn die Einnahme von Blubberwasser zu heftigen Furzattacken führt. Gleichzeitig ist Sophie und der große freundliche Riese aber auch düster, enthält groteske und abstoßende Riesen, deren Menschenfresseraktivitäten zwar nicht gezeigt, aber doch explizit erwähnt werden.

Eigenartig ist der Film aber auch deswegen, weil er so schwer zu fassen ist. Träume spielen eine große Rolle, ist der freundliche Riese doch dafür verantwortlich, den Menschen mithilfe seiner riesigen Trompete Träume zu schenken. Und traumartig ist dann auch die Geschichte. Eine richtige Rahmenhandlung gibt es eigentlich nicht, der Inhalt ist recht dünn. Es passiert einiges, gleichzeitig aber auch wieder nicht. Gerade im Mittelteil geht es hier nicht so wirklich voran, da wird ein überflüssiges und nicht unbedingt einprägsames Furzlied genommen, um die Handlung ein bisschen zu strecken. Offensichtlich weil man der Ansicht war, dass Kinderfilme ohne entsprechende Lieder nicht funktionieren. Was hier an Zeit verschwendet wurde, fehlt dafür an anderer Stelle: Trotz einer für Zeichentrickfilme nicht unbedingt kurzen Laufzeit von mehr als 90 Minuten kommen viele Szenen zu kurz, auch bei den Übergängen geht es überhastet zu.

Optisch ist Sophie und der große freundliche Riese ebenfalls zwiespältig. Den ganz großen Genuss sollte man bei einem Zeichentrickfilm, der Ende der 80er Jahre fürs britische Fernsehen produziert wurde, natürlich nicht erwarten. Alleine schon des deutlich geringeren Budgets wegen kann es das Animationsstudio Cosgrove Hall Films, welche unter anderem Danger Mouse und Der Wind in den Weiden produziert hat, nicht mit den großen Kinowerken von Disney aufnehmen. Die Hintergründe sind nicht annähernd so verschwenderisch gestaltet, auch die Bewegungen sind eher simpel gehalten. Dafür stimmen die Designs grundsätzlich: Die feindlichen Riesen sehen tatsächlich furchterregend aus, auch der düsteren Farbgebung wegen hat Sophie und der große freundliche Riese oft etwas Surreales an sich. Den Spagat von Dahls Büchern irgendwo zwischen kindlich und abgründig, den schafft der Film also auch, weshalb die Adaptionen wohl auch eine der wenigen ist, die den Zuspruch des Autors selbst fand. So verzaubernd wie dessen Bücher ist das Zeichentrickabenteuer jedoch nicht, dafür ist es dann doch zu leer.



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Das mitunter surreal anmutende „Sophie und der große freundliche Riese“ schafft den Spagat zwischen kindlich und abgründig, ist zwar technisch schlicht, aber ausreichend. Größtes Problem ist, dass hier gleichzeitig zu wenig und zu viel passiert, viele Szenen zu kurz kommen, andere dafür das Geschehen unnötig aufhalten.
6
von 10