(„The Girl King“ directed by Mika Kaurismäki, 2015)
König Gustav II. Adolf ist tot, zu einem besonders ungünstigen Zeitpunkt auch noch: Der Dreißigjährige Krieg ist im vollen Gange und jemand muss sich um das Wohl Schwedens kümmern. Da Gustavs einziges Kind, die sechsjährige Kristina, nicht für Regierungsgeschäfte infrage kommt, übernimmt derweil Reichskanzler Axel Oxenstierna (Michael Nyqvist) das Ruder. Mit ihrem 18. Geburtstag wird Kristina (Malin Buska) doch noch zur obersten Herrscherin, schockiert ihr Land aber mit einem ungeahnten Eigenwillen: Anstatt sich auf den Krieg zu konzentrieren, will die Monarchin lieber die Künste des Landes fördern. Und auch die erwartete Suche eines Ehemanns gestaltet sich schwierig. Anwärter gäbe es schon, darunter Oxenstiernas Sohn Johan (Lucas Bryant) und Kristinas Cousin Karl Gustav (François Arnaud). Doch die Königin hat kein Interesse an einem Mann an ihrer Seite, vielmehr vergnügt sie sich vorzugsweise mit der Gräfin Ebba Sparre (Sarah Gadon).
Eine Frau, die Männerkleidungen trägt, sich politischen Hochzeiten verweigert, ungeniert lesbische Affären pflegt und Kriege einfach zu ignorieren versucht – wüsste man es nicht besser, The Girl King würde als sehr moderner Film durchgehen. Regisseur Mika Kaurismäki (L.A. Without a Map, Scheidung auf Finnisch) lässt dann auch keinen Zweifel daran, dass seine Protagonistin, die ebenso schillernde wie umstrittene Königin Kristina, ihrer Zeit weit voraus war. Andere Aspekte interessieren den finnischen Filmemacher nicht, werden hier auch wenn nur beiläufig erwähnt.
Einerseits ist das konsequent, schließlich nimmt auch seine Kristina diese äußeren Umstände nur bedingt wahr. Streckenweise ist es sogar bemerkenswert, wie sehr sich die Königin der Realität ihrer Zeit verschließt, bewunderungswürdige Willenskraft und kuriose Weltfremdheit lagen wohl selten so nah beieinander wie hier. Gleichzeitig macht es The Girl King aber auch etwas eintönig, manchmal sogar frustrierend. Die Hintergründe des Dreißigjährigen Krieges, der Kampf um den Glauben – das alles spielt hier keine Rolle, wird stattdessen einem Drama geopfert, das oftmals nah an der Seifenoper ist, wenn nicht gar an einer Karikatur.
Martina Gedeck beispielsweise, welche Katarinas Mutter spielt, die auch Jahre nach dem Tod an dem Leichnam ihres Mannes festhielt, ist so schrill angelegt, dass man sich unentwegt fragt: Ist das ernst gemeint? Oder soll das witzig sein? Auch an anderen Stellen zeigt sich das Drama von seiner vermutlich unfreiwillig komischen Seite, verwendet seltsame Dialoge, lässt einen Mann ohne echte Begründung nackt im Raum stehen, zum Ende gibt es noch ein Aufeinandertreffen von einer geradezu grotesken Zufälligkeit. Jedes Mal hätte nicht viel gefehlt, um aus dem Stoff eine Satire zu machen. Und das fällt auch deshalb so unangenehm auf, da The Girl King ansonsten eine recht freudlose Angelegenheit ist. Historienfilme leben oft auch von prächtigem Dekor und farbenfroher Kleidung. Beides ist hier nicht zu finden, da mochte man es im alten Schweden dann doch eher schlicht.
Was den Film an diesen Stellen rettet und zumindest phasenweise sehenswert macht, ist die hierzulande eher weniger bekannte schwedische Darstellerin Malin Buska. Diese zeigt in ihrer Rolle eine beachtliche Präsenz, beherrscht eindrucksvoll diese Balance aus Selbstbewusstsein und Unbeholfenheit. Generell ist an den meisten Leistungen des durchaus namhaften Ensembles – auch die beiden Deutschen Jannis Niewöhner und Peter Lohmeyer sind mit von der Partie – nichts auszusetzen, gegen das langweilige Drehbuch des Kanadiers Michel Marc Bouchard (Sag nicht, wer du bist!) kommen sie aber ebenso wenig an.
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