(„Friend Request“ directed by Simon Verhoeven, 2016)
Laura (Alycia Debnam-Carey) ist beliebt, gutaussehend und genießt das College-Leben in vollen Zügen. Das teilt sie nicht nur mit ihren engsten Freunden, sondern auch mit denen auf Facebook. Eines Tages erhält sie eine Freundschaftsanfrage der neu hinzugezogenen Marina (Liesl Ahlers), die sonst niemanden kennt und eher introvertierter Natur ist. Innerhalb kürzester Zeit entwickelt diese gar obsessive Verhaltensmuster und ist wie besessen von der schönen Laura, bis ein Gespräch der beiden die Bekanntschaft abrupt beendet und sich Marina kurz darauf umbringt. Jedoch wird ihre Leiche nie gefunden, nur ein Video des grausamen Todes kursiert durchs Internet und wurde von Lauras Facebookprofil aus veröffentlicht. Die davon aber gar nichts weiß und es auch nicht löschen kann. Neben fremden Posts und mysteriösen Nachrichten der Verstorbenen finden ihre Freunde nacheinander den Tod. Die Leute werden misstrauisch, sie wird vom College suspendiert und auch die Polizei weiß nicht mehr, wem sie glauben soll, wenn doch alle Zeichen auf sie hinweisen. Verzweifelt versucht sie, mehr über die verstorbene Marina zu erfahren, und stößt auf eine tiefgründige Vergangenheit aus Gewalt und Dämonenanbetung. Im Angesicht übernatürlicher Kräfte und eines heimsuchenden Fluches flüchtet sich Laura in die Offensive und will dem Ganzen ein Ende bereiten – tot oder lebendig.
Die sozialen Netzwerke sind heutzutage mehr als Mittel zum Zweck. Für viele sind sie eine neue Art der Selbstverwirklichung, sein Leben zu jeder Zeit, an jedem Ort mit Freunden und teilweise fremden Menschen zu teilen. Bei Letzterem weiß man jedoch nie, wer sich wirklich hinter der Person verbirgt und manchmal kommen einem eben diese näher, als man es sich vielleicht gewünscht hätte. Von diesen Stalkern liest man dann entweder in der Zeitung oder auf den hiesigen Kinoplakaten, wenn ein weiterer Teenie-Horrorfilm die Lichtspielhäuser befällt, dabei Altes neu aufwärmt und es anschließend für originell verkauft. Erfahren diese den Funken eines Erfolgs, darf man sich auf Fortsetzungen und Spin-Offs „freuen“, mit dem wir es auch heute zu tun haben. Als sei das nicht Schande genug, lassen einem allein die Namensänderungen des Films einzelne Schauer den Rücken hinunter wandern. International sollte der Film zunächst unter dem Namen Unknown Error vertrieben werden, wurde jedoch zu Friend Request umbenannt, um Verwechslungen mit der Erstproduktion Unfriended (2014) zu vermeiden. In Deutschland wird der Film unter dem Namen Unfriend veröffentlicht, da Unfriended hier als Unknown User bekannt ist. Wem das noch nicht verwirrend genug ist, der sei daran erinnert, dass der Film eine deutsche Produktion ist, die unter der Regie von Simon Verhoeven (Männerherzen) in Amerika und auf englisch gedreht wurde, zunächst aber nur in Deutschland und Großbritannien erschien, bevor er Ende des Jahres seinen Weg in die Staaten finden soll. Hollywood steh mir bei. Was für ein Theater!
Arrogante Teenies, Parties, verschrobene Außenseiter, Mobbing. Die Mischung für einen mittelmäßigen Teenie-Horrorfilm existiert nun schon seit vielen Jahren und wird per Papyrusrolle an die neuen Generationen weitergegeben, auf dass die Traditionen der durchschnittlichen Unterhaltung bis in alle Ewigkeiten weiterleben werden. Beinahe gewollt fällt Unfriend in genau diese Trickgespenstkiste und wirkt besonders zu Beginn sehr befremdlich und schreit nach Kopie. Laura führt ein beneidenswertes Leben, umringt von naiven Freunden und urplötzlich taucht dieses dunkel gekleidete Mädchen am Campus auf, das nicht nur äußerlich jegliche Teufelsanbeter-Klischees erfüllt, sondern auch in ihrem Verhalten alle Alarmglocken klingeln lässt. Es wird gar nicht lange um den Fakt herumgesprungen, dass mit dem Mädchen etwas nicht stimmt und so schlägt der aufklärende Dampfhammer in der ersten Viertelstunde gleich mehrmals um sich, um die Handlung für die kommenden Minuten zu ebnen. Denn sind die zähneknirschenden Anfänge erst einmal vorbei, entwickelt sich der Film zunehmend in eine andere Richtung. Werden die ersten Horrorelemente noch durch bekannte Jump-Scares geprägt, rückt der Horror im späteren Verlauf in den Hintergrund und der Thriller gepaart mit einigen Kriminalteilen übernimmt die Führung des Gruseltangos.
Kleine Anzeichen kann man bereits auf Marinas Facebookprofil andeuten, deren Inhalte aus dem virtuellen Kuriositätenkabinett entspringen, sich künstlerisch und gar poetisch aber sehen lassen können und sogleich Interesse wecken. Diese Elemente werden später immer wieder aufgegriffen und spiegeln sich in folgenden Horrordarstellungen wieder, die grundlegend psychotischer Natur sind, welches auch in den veröffentlichten Videos deutlich wird. Der Grusel ist also mehr Einbildung, muss sich dank grafischer Inszenierung aber nicht vor härteren Genrevertretern verstecken. Nach einigen knirschenden Türen und klappernden Fensterläden nimmt der Horror in der zweiten Reihe Platz und überlässt die Bühne der investigativen Laura, sowie den zwei männlichen Hauptrollen Tyler (William Moseley) und Kobe (Connor Paolo), die sich auf die Suche nach Marinas Herkunft und Vergangenheit begeben. Die Schnitzeljagd wird zwar immer wieder durch die Tode engster Freunde unterbrochen, die mit der Zeit aber weniger ausführlich werden und nur dem Zeitdruck dienen. Der sich ebenfalls durch immer wiederkehrende visuell dargestellte Zahl ihrer Facebookfreunde manifestiert, die mit jedem weiteren Tod sinkt und den auf der Protagonisten liegenden Fluch verdeutlicht, welche die Einsamkeit zu spüren bekommen soll, wie sie auch einst Marina in den Selbstmord trieb.
Unfriend schockt im ersten Moment nicht durch seinen Gruselfaktor, sondern durch seine Einfallslosigkeit, kann sich jedoch mit einer gut inszenierten Hintergrundgeschichte von seinem filmischen Vorgänger Unknown User absetzen, dessen Qualität sich höchstens in der angewandten Kameraperspektive zeigte. Zwar ist die Geschichte des düster dreinblickenden Neuankömmlings mit Vorliebe für Dämonenanbetung nichts Neues, der spätere Fokus auf deren Herkunft löst den enger werdenden Handlungsstrick dennoch gekonnt und verleiht dem Horrorstreifen interessante Charakterzüge. Immer wieder gibt es die klassischen Jump Scares, die aber nach den ersten Toten weiter abnehmen und in einen eher psychischen Thriller abdriften. Trotz des ausgelutschten Themas und der verwirrenden Produktionsgeschichte ist der fertige Film mehr als nur ein Spin-Off und kann durch seine künstlerische Inszenierung eigene Akzente setzen.
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