(„Hadashi no Gen 2“ directed by Toshio Hirata, 1986)
Drei Jahre sind vergangen, seitdem Hiroshima durch eine Atombombe verwüstet wurde, Zigtausende Menschen ihr Leben verloren haben. Drei Jahre, die zwar wieder einen Alltag gebracht haben, jedoch keine wirkliche Normalität. Gen, seine Mutter und Adoptivbruder Ryuta leben gemeinsamen in einer kleinen Hütte und schaffen es sogar dank einer Anstellung in der Fabrik über die Runden zu kommen, selbst für Schule ist wieder Platz in ihrem Leben. Dass Letzteres ein Luxus ist, das bemerken die beiden Jungen aber erst, als sie eine Gruppe von Straßenkindern kennenlernen, um die sich niemand kümmert, die oftmals sogar von den anderen verspottet und drangsaliert werden.
Wenn es darum geht, Zweifler davon zu überzeugen, dass Mangas nicht automatisch durchgeknallt und für ein junges Publikum sein müssen, dann wird gern „Barfuß durch Hiroshima“ von Keiji Nakazawa herangezogen, in dem der Japaner seine Erlebnisse während und nach der Atombombe verarbeitete. Der zweite Punkt ist es, der im Zentrum von Barfuß durch Hiroshima 2 steht, welches 1986 drei Jahre nach dem ersten Film erschien. Auch wenn der Krieg ewig her zu sein scheint, amerikanische Soldaten zum täglichen Erscheinungsbild im Reich der aufgehenden Sonne geworden sind, die Wunden sitzen tief. Einige zeigen sich auch erst deutlich später, etwa die gesundheitlichen Langzeitfolgen, die viele noch Jahre später das Leben kostet.
Der gesundheitliche Aspekt ist aber nur einer von vielen, die in dem Film angesprochen werden. Man könnte Barfuß durch Hiroshima 2 sogar den Vorwurf machen, kein richtiges Ziel vor Augen zu haben, keine eigentliche Hauptgeschichte. Stattdessen gibt es mehrere Handlungsstränge – die kranke Mutter, die Straßenkinder, der Umgang mit den Toten, der Kampf ums Überleben –, die parallel verlaufen, ohne sich je wirklich im Vordergrund zu platzieren. Das ist einer der Gründe, weshalb der zweite Teil nicht mehr so ganz die emotionale Wucht des Vorgängers erreicht, er wandert zu stark umher. Außerdem fehlen dieses Mal die ganz harten Szenen, vergleichbar zu dem Moment der Bombe, in denen Barfuß durch Hiroshima zu einem surrealen Alptraum wurde.
Das soll jedoch nicht bedeuten, dass nicht auch Teil zwei einem zuweilen unter die Haut geht, wenn etwa die Schule eigentlich nur eine Ruine ist und ein Lehrer vergeblich versucht, die neue Verfassung des Landes zu erklären. Denn letztendlich ist Barfuß durch Hiroshima 2 ein Film, der davon erzählt, nach dem Unvorstellbaren wieder weitermachen zu können. Tag für Tag für Tag. Dass es hier keinen wirklichen Rahmen gibt, passt deshalb insofern, denn eigentlich weiß keiner so recht, wie es in Zukunft weitergehen soll. Wie auch? Der erneut vom Animationsstudio Madhouse (The Cockpit, Millennium Actress) kompetent umgesetzte Streifen zeigt hauptsächlich zerstörte Gebäude, aus denen mal das Leben in Form einer Wasserleitung hervorschaut, die vor allem aber mit Erinnerungen an die vielen gestorbenen Menschen einhergehen.
Die gute Laune angesichts der düsteren Gegenwart lassen sich die beiden Jungs dadurch aber nicht verderben, wie schon in Teil eins ist Barfuß durch Hiroshima 2 eine Mischung aus dramatischen und komischen Szenen, die mit ihrem Lausbubencharme manchmal an Marco erinnern. Das funktioniert dieses Mal sogar etwas besser, eben weil die Ausschläge ins Düstere weniger stark ausfallen, die Stimmungsschwankungen dadurch auch weniger heftig sind. Zumal die beiden Seiten der Medaille ohnehin kaum zu trennen sind, Verzweiflung und Hoffnung, Trauer und Freude – das ist hier oft dasselbe. Sehenswert ist dieser orientierungslose Kampf um eine Zukunft daher erneut, wenngleich weniger eindrucksvoll als der vorangegangene Schocker, da er sich dem nicht minder wichtigen Thema stellt, was die Katastrophe eigentlich für die Lebenden bedeutet. Diejenigen, die damit leben mussten, leben zu dürfen.
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