Fado
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(„Fado“ directed by Jonas Rothlaender, 2016)

Fado
„Fado“ läuft ab 1. September im Kino

Nach einem fatalen Zwischenfall hat der junge Arzt Fabian (Golo Euler) genug: genug von seiner Arbeit, genug von Deutschland, genug vor allem davon, nicht mehr mit Doro (Luise Heyer) zusammen sein zu können, die inzwischen als Architektin in Portugal arbeitet. Warum also nicht alles hinter sich lassen und gemeinsam einen Neuanfang wagen? So richtig wohl ist Doro bei der Vorstellung nicht, schließlich endete ihre Beziehung seinerzeit ziemlich hässlich, lässt sich aber doch auf den Versuch ein. Bald muss sie jedoch feststellen, dass Fabian noch immer zur rasenden Eifersucht neigt, was schon damals das Ende für die beiden bedeutete.

Wenn Liebe zur Krankheit wird: Kürzlich ließ die Österreicherin Andrina Mracnikar in Ma Folie einen jungen Mann seiner Ex in ein fremdes Land folgen, nur um die anfänglich so schöne Beziehung mit übertriebenen Besitzansprüchen zu terrorisieren, nun erzählt der deutsche Regisseur und Ko-Autor Jonas Rothlaender eine ganz ähnliche Geschichte. Anders die südliche Kollegin, die wie diverse Landsmänner gern tief in die Abgründe schaut, geht Mracnikar da zunächst subtiler vor. Wo im anderen Film schnell die Fetzen flogen, scheint in Fado die Welt noch in Ordnung. Wenn es Hinweise gibt, dass da etwas nicht stimmt in dem jungen Glück, dann findet man sie eher am Rand – in den brausenden Wellen an der portugiesischen Küste, die immer wieder zu sehen sind, in dem Titel, der sich von der sehnsuchtsvollen Volksmusik des Landes ableitet, die oft von einer unglücklichen Liebe handelt.

Auch später, wenn dem Zuschauer längst dämmert, dass der so unschuldig wirkende Fabian krankhaft eifersüchtig ist und weder sein Leben noch seine Gefühle unter Kontrolle hat, vertraut Rothlaender bei seinem Spielfilmdebüt vor allem auf die leiseren Elemente, erzählt seine Geschichte manchmal nur durch scheinbar beiläufige Aufnahmen, beispielsweise die Blicke seiner Protagonisten. Die werden trotz der langsam extremer werdenden Szenen auch durchwegs gut gespielt, Euler und Heyer gelingt es, Fado sowohl in den berührenden Momenten wie auch den hässlichen glaubwürdig zusammenzuhalten, das Publikum bei der Reise in eine kaputte Beziehung mitzunehmen.

Einfach ist der Film dennoch nicht. Das verhindert zum einen das Thema, das die unangenehmeren Seiten der Liebe beleuchtet und diese damit auch ganz grundsätzlich hinterfragt. Was bedeutet Liebe eigentlich? Welche Ansprüche darf ich an meinen Partner haben? Wann werden Gefühle zur Krankheit und was tun, wenn dies passiert? Richtige Antworten darauf liefert Rothlaender nicht. Vielmehr lässt er das Publikum im Unklaren, was da eigentlich genau passiert. Auch da ähnelt er dem Werken von Mracnikar, wenn er die Grenzen zwischen Realität und Einbildung verschwimmen lässt, bei diversen Szenen nicht verrät, ob sie nun wirklich passieren oder nur im Kopf Fabians.

Faszinierend ist das, ein Blick in die Wahrnehmung eines Mannes, der jede noch so unschuldige Szene misstrauisch beäugt und in seiner manischen Verlustangst zu etwas ganz anderem macht. Etwas Finsterem. Dieses Ausgeliefertsein an einen Protagonisten, dem wir kaum vertrauen können, hat natürlich den Nachteil, dass so einiges hier nicht wirklich Sinn ergibt, die Figuren aus dem Umfeld auch recht blass bleiben – schließlich bleibt der Blick auf die Liebe seines Lebens fokussiert, bei der er sich zwar konsequent für sein Verhalten entschuldigt, dieses aber nie ernsthaft ändern möchte. Das ist am Ende ebenso spannend wie traurig, so wie es immer traurig ist, wenn Menschen sich und anderen das Leben unnötig schwermachen: Fado ist von einer Melancholie geprägt, die der namensgebenden Musik ebenbürtig ist.



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„Fado“ erzählt die Geschichte einer Beziehung, die an einer krankhaften Eifersucht zugrunde geht. Das ist oft sehr ruhig und beiläufig, durch die zunehmende Vermischung von Realität und Einbildung auch nicht ganz einfach, insgesamt aber ein gut gespielter und melancholischer Blick auf eine Liebe, die nie genug ist.
7
von 10