(„Muppet Classic Theater“ directed by David Grossman, 1994)
Ach ja, die Muppets. Seitdem sie vor bald 40 Jahren mit der Muppet Show die Fernseher und weltweiten Herzen erstürmten, gab es zahlreiche Versuche, die Kultpuppen auch außerhalb dieses Formats zu etablieren. Mit recht unterschiedlichen Ergebnissen. Während beispielsweise die Filme Muppet Movie und Die Muppets zu Kassenschlagern wurden, die Zeichentrickserie Muppet Babies am Ende auf beeindruckende acht Staffeln kam, verschwanden andere Projekte schneller, als man sie schauen konnte. Eines dieser wenig beachteten Projekte lautete Muppet Classic Theater, in England auch Muppet Fairy Tales, und ließ – wie der Titel bereits verrät – die Muppets klassische Märchen neu erzählen.
Sechs Geschichten sind es an der Zahl, darunter naheliegende wie „Die drei kleinen Schweinchen“ oder „Rumpelstilzchen“, aber auch etwas überraschend die Legende um den Goldkönig Midas und „Des Kaisers neue Kleidung“ von Hans Christian Andersen. Überraschend ist aber auch, was bei der Direct-to-Video-Produktion im Einzelnen draus gemacht wurde. Anders als man es vielleicht hätte erwarten können, ist Muppet Classic Theater keine reine Kinder-Gute-Nacht-Veranstaltung geworden. Diese dürfen hier natürlich ihren Spaß haben, wenn komische Figuren in teils grotesken Kostümen durch die Gegend rennen, ein Chaos nach dem nächsten geschieht und dazu lustige Lieder gesungen werden. Aber auch als Erwachsener sollte man sich innerhalb der gut eine Stunde dauernden Märchenstunde nicht langweilen.
Anstatt sich sklavisch an die Vorgaben zu halten, brachten die Männer hinter den Puppen nämlich immer mal wieder auch eigene Ideen hinein und lockerten das Geschehen dadurch auf. Das können mal absurde Wortspielereien sein, wenn in „The Elves and the Shoemaker“ aufgrund eines Missverständnisses aus den „Elves“ ein „Elvis“ wird, wir fortan also Elvisimitatoren beim Fertigen der „Blue Suede Shoes“ zuschauen dürfen. An manchen Stellen finden wir die gewohnte Selbstironie, gerade auch weil die Aufführungen im Rahmen einer Theaterveranstaltung stattfinden. „The Three Little Pigs“ wiederum gewinnt durch den Einbau von Miss Piggy, die sich gegen ihre dämlichen und ihrer Meinung nach unmöglich mit ihr verwandten Brüder zur Wehr setzt, eine feministische Note. Und eine komische sowieso.
Miss Piggy ist neben Fozzie, Kermit und Gonzo übrigens eine der wenigen bekannten Muppets, denen hier ein Auftritt vergönnt war. Wer also darauf hoffte, dass die Gang der Muppet Show hier wieder zusammenfindet, der musste sich darauf einstellen, dass das hier alles eine Nummer kleiner ist. Insgesamt wurde auch der anarchische Wahnsinn zurückgefahren, auf die üblichen Gastauftritte großer Stars muss man gleich ganz verzichten. Und auch die eher sparsamen Kulissen, die es zu keiner Zeit mit den deutlich ambitionierten Kinofilmen aufnehmen können, verraten bereits, dass das hier nur etwas für zwischendurch sein sollte. Immerhin sind aber Franz Oz und Jim Hensons Sohn Brian mit von der Partie, eine No-Name-Produktion war die einmalige Märchenstunde also nicht.
Schade, dass das Konzept später nicht noch einmal etwas größer aufgegriffen wurde, Potenzial war genügend da. Ebenso bedauerlich ist, dass der Film bis heute nirgends auf DVD erschienen ist und man tatsächlich auf die alte UK-VHS angewiesen ist. Den Aufwand ist das vielleicht nicht wert, wer aber ohnehin noch einen Videorekorder zu Hause rumfliegen hat, der kann mit der unterhaltsamen, etwas anderen Märchenstunde nicht zuletzt aufgrund einiger schmissiger Lieder durchaus seinen Spaß haben, gerade auch im Kreise der Familie.
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