(„The Shallows“ directed by Jaume Collet-Serra, 2016)
Ein einsamer Strand, nur sie, das Meer und ihr Surfbrett: Das klingt für Nancy (Blake Lively) eigentlich gar nicht so schlecht, die kürzlich ihr Medizinstudium unterbrochen hat, um fernab der Zivilisation den Tod ihrer Mutter zu verarbeiten. Dass sie kurz vor dem Ausflug von einer Freundin versetzt wird, ist deshalb auch nicht weiter schlimm. Deutlich problematischer ist, dass unterhalb der Wasseroberfläche jemand großes Interesse an der jungen Dame zeigt: ein blutrünstiger Hai, der es sich in den Kopf gesetzt hat, jedes Lebewesen zu töten, das in seine Bucht kommt. Als Nancys Surfbrett seiner Attacke zum Opfer fällt, schafft sie es zwar, sich mit letzter Kraft auf einen Felsbrocken zu retten. Aber wie von dort wieder zurück zum Ufer kommen?
Was ist nur aus den guten alten Haien geworden, jenen zahnübersäten Bestien, die einen durch Der weiße Hai und Konsorten schon Schweißausbrüche verschafften, wenn man auch nur in die Nähe eines größeren Gewässers kam? Viel ist davon heute nicht mehr übrig, wenn wir die Räuber der Meere noch auf Leinwänden oder Bildschirmen bestaunen durften, dann meist in (un-)freiwillig trashiger Form à la Sharknado. Nun gibt es aber wieder Nachschub für alle die Horrorfans, die selbst nach ein bisschen traditioneller Meermetzelei dürsten. Wobei, eigentlich gibt sich The Shallows wahnsinnig modern. Nicht nur, dass Nancys Handykommunikationen vergrößert in einem Extrakasten gezeigt werden, der Film in bester Found-Footage-Manie mit einer im Wasser verlorener GoPro-Kamera beginnt, eine eingeblendete Uhr zeigt zudem, wie viel Zeit Nancy noch bis zu Ebbe und Flut bleibt.
Nett sind diese Ideen alle. Nett, aber auch reichlich überflüssig. Der Punkt mit den Gezeiten hat auf den Verlauf der Handlung beispielsweise sehr viel weniger Einfluss, als zuvor angedeutet wurde, auch der Part mit der Kamera bringt den Film nicht wirklich weiter. Und leider finden sich solche Beispiele immer mal wieder in The Shallows, das naheliegende Einfälle nicht verfolgt, Angefangenes zwischendrin wieder vergisst oder ignoriert, dafür an anderen Stellen nicht genug darüber nachdenkt und dabei in seltsame, um nicht zu sagen groteske Gefilde gerät – darunter auch das Ende, das einen in einer nicht unbedingt positiven Fassungslosigkeit zurücklässt.
Dabei gibt es zwischendrin immer mal wieder deutlich spannendere Momente, die – hätte man sich auf diese beschränkt – einen ziemlich guten Kurzfilm abgegeben hätten, für Spielfilmlänge jedoch nicht ausreichen. Momente auch, in denen The Shallows auf einmal eine Vorliebe fürs Gemeine entwickelt, mit Zuschauern wie auch der einsamen Protagonistin spielt. Diese wird von Blake Lively dann auch sehr kraftvoll verkörpert, zeigt sich einfallsreich und selbständig. Und auffallend leicht bekleidet. Das geht bei einem Film um eine Surferin in Not irgendwo Hand in Hand, ein bisschen dreist ist es aber schon, wie schamlos Regisseur Jaume Collet-Serra seine Schauspielerin auch wirklich zur Schau stellt, wie sexuell aufgeladen manche Einstellungen sind. Nötig gehabt hätte es der Horrorstreifen nicht, der insgesamt zwar aufgrund der unbefriedigenden Ideenauswertung nicht wirklich das Mittelfeld hinter sich lassen kann, dafür aber tolle Aufnahmen bietet, oberhalb wie unterhalb des Wassers, auch beim computergenerierten Hai nichts wirklich falsch macht, bei manchen Bildern zuweilen sogar eine hier fast schon verschwendete Kunstfertigkeit demonstriert. Ein netter Genrebeitrag also, perfekt für den Sommer. Zumindest für all die, die nicht selbst vorhaben, demnächst ans Meer zum Surfen zu fahren.
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