(„Trash Fire“ directed by Richard Bates Jr., 2016)
Seit drei Jahren schon sind Isabel (Angela Trimbur) und Owen (Adrian Grenier) ein Paar, haben so manche Höhe durchlebt, vor allem die tiefsten Tiefen, die eine Beziehung offenbaren kann. Einer der ständigen Streitpunkte zwischen den beiden ist, dass Owen sich konsequent weigert, über seine Familie zu sprechen und auch nur wenig für die von Isabel übrighat. Bis es Letzterer irgendwann reicht: Entweder ihr Sturkopf von einem Freund versöhnt sich mit seinen Angehörigen oder sie ist weg. Nur widerwillig lässt sich dieser auf den Handel ein, denn ihn verbindet eine äußerst tragische Vorgeschichte mit seiner Großmutter Violet (Fionnula Flanagan) und seiner Schwester Pearl (AnnaLynne McCord), die er viel lieber vergessen würde.
Stammgast beim Fantasy Filmfest zu sein, das bedeutet immer auch, alte Bekannte wiederzusehen. Nicht nur, dass im Publikum regelmäßig dieselben Gesichter aufblitzen, auf der Leinwand wird man ebenfalls mit ein bisschen Übung auf viele vertraute Namen stoßen. So auch 2016, wo einige Regisseure dabei sind, die wir in den letzten Jahren schon mehrfach haben begrüßen dürfen: Takashi Miike (Yakuza Apocalypse Ace Attorney) ist mit der Sci-Fi-Manga-Adaption Terra Formars am Start, Kevin Smith präsentiert mit Yoga Hosers seinen Nachfolger zu Tusk, Mike Mendez (Big Ass Spider, Lavalantula) sagt dieses Mal zwar den Spinnen Lebewohl, sein Don’t Kill it verspricht aber ebenfalls viel Popcorn-Trash.
Etwas weniger geläufig dürfte den meisten Richard Bates Jr. sein, obwohl der hier nach Excision und Suburban Gothic nun erneut mit seinem dritten Spielfilm mit von der Partie ist. Wer die beiden Vorgänger gesehen hat, der ahnte bereits, dass Trash Fire mit viel schwarzem, um nicht zu sagen hässlichem Humor verbunden sein würde. Schon bei seinen ersten beiden Filmen hatte man den Eindruck, dass Bates Jr. das Filmemachen gern dazu verwendet, eigene Dämonen auszutreiben, erzählte von spießigen Vorstadthöllen und den Abgründen, die hinter hübschen Gartenzäunen und gepflegten Rasen auf einen warten. Das ist bei seinem neuesten Werk nicht groß anders: Zwar lässt sich der Regisseur und Drehbuchautor dieses Mal viel Zeit, um auf den Punkt zu kommen und beschäftigt sich erst einmal ausführlich mit der kaputten Beziehung des jungen Paares, dem es in der Großstadt nicht viel bessergeht. Doch so richtig an Fahrt nimmt die Geschichte dann auf, sobald wir die amerikanische Kleinstadt betreten, in der Gott Teil jedes Gedanken und jeder Tat ist. Oder das, was die bigotte Bevölkerung aus Gott machen will.
Und niemand ist bigotter als Granny Violet, die so weit über dem Leben und anderen Menschen thront, dass nicht nur die Leute vor Ort meist nichts entgegenzusetzen haben, auch als Zuschauer starrt man ungläubig auf das, was diese so unscheinbare alte Dame mit dem akkurat frisierten weißen Haarschopf da so treibt. Und sagt: Trash Fire ist ein Beispiel dafür, wie eine Komödie fast ausschließlich durch Dialoge getrieben werden kann. Klar, den einen oder anderen visuellen Gag gibt es schon, der dann auch gleich mal ein bisschen derber sein darf. Aber es sind die Auseinandersetzungen der durch und durch kaputten Familie, bei denen jedes einzelne Wort in Gift getränkt scheint, die einen im gleichen Maße schockieren wie amüsieren.
So verstörend wie Excision wird Trash Fire dennoch nicht, auch die übersinnlichen Aspekte aus Suburban Gothic wird man hier vergeblich suchen. Das soll nicht bedeuten, dass Bates Jr. dem Horror gänzlich abgeschworen hat, gerade zum Ende hin werden auch die Handlungen etwas härter. Aber es ist mehr der Horror in den Menschen, für die sich der Amerikaner hier interessiert und auf eine derart groteske Art und Weise überzeichnet, dass er nie so ganz von dieser Welt zu sein scheint. Geradezu unheimlich gut ist auch die Darstellung von Fionnula Flanagan als biestige Oma, die oft nicht einmal etwas sagen muss, einen durch bloße Blicke oder Gesten zu Abschaum erklärt. Allein dafür lohnt sich ein Besuch des Films, der einzelne Elemente zwar nicht so ausarbeitet, wie man es sich manchmal wünschen würde, dafür aber fast durchgängig unterhält.
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