(„Appleseed“ directed by Kazuyoshi Katayama, 1988)
Nach den verheerenden Auswirkungen des Dritten Weltkrieges sollte alles anders werden, das zumindest war das Ziel der Politik gewesen. Olympus lautet der Name der Stadt, welche eine Antwort auf die schrecklichen Erfahrungen geben sollte. Eine Stadt, in der alle sicher sind, in der Menschen zusammen mit Bioriden leben, ihren künstlich verbesserten Artgenossen, welche mittlerweile einen Großteil der Bevölkerung ausmachen. Doch das ist eines der Probleme, welche die Überlebenden plagt, zusammen mit dem Gefühl, dass Olympus statt des versprochenen Paradieses eher ein Gefängnis ist. Probleme, die eine Terroristengruppe zu lösen versucht, indem diese den Zentralcomputer Gaia in die Luft sprengt. Briareos und Deunan, Mitglieder einer Eliteeinheit, kommt die Aufgabe zu, eben dieses um jeden Preis zu verhindern.
Ein bisschen seltsam mag einem das schon vorkommen, dass beim Thema Appleseed die meisten an die computergenerierte Version von 2004 und die nachfolgenden denken, diese hier dabei aber völlig vergessen. Die war nämlich nicht nur eine der ersten Adaptionen eines Mangas von Masamune Shirow und eines der ersten Werke des Animationsstudios Gainax, welches später mit Neon Genesis Evangelion Geschichte schrieb. Sie war zudem tatsächlich noch gezeichnet, was den eher puristisch veranlagten Anime-Fans doch eigentlich sehr entgegenkommen sollte. Kennt man die Erstfassung jedoch, ist das schon sehr viel weniger seltsam, denn alles, was diese in der Theorie so interessant macht, reicht am Ende nicht aus, um die vielen negativen Punkte auszugleichen.
Schon die Optik ist ein ziemlicher Schlag ins Gesicht, führt einem schmerzlich vor Auge, dass traditionell doch nicht immer besser ist. Schon die Designs machen nicht unbedingt Lust darauf, die Direct-to-Video-Produktion bis zum Ende anzuschauen. Dass wir uns hier in den 80ern befinden, das verrät ein Blick auf die Figuren mit den typischen Fönfrisuren. Das mag den einen oder anderen nostalgisch stimmen, ist aber doch ein ziemlicher Kontrast zu dem eigentlich weit in der Zukunft liegenden Szenario. Lediglich Briareos, ein Roboter mit riesigen hasenohrengleichen Antennen, sticht aus den eher eintönig gestalteten Charakteren hervor, wenn auch auf eine vermutlich unbeabsichtigte komische Weise.
Schlimmer noch aber ist die technische Umsetzung des Stoffes, welche zu keinem Zeitpunkt aktuellen Ansprüchen noch entspricht. Die Animationen sind spärlich, die Hintergründe fast nicht vorhanden: Wenn das Paradies der Zukunft so aussieht, dass Gebäude, Straßen usw. ohne jegliche Details oder Objekte sind, dann ist man doch ganz froh, im Hier und Jetzt zu leben. Hätte Appleseed diese übertriebene Genügsamkeit mit einer dazu passenden düsteren Atmosphäre verbunden, man hätte die dem Anime vielleicht nachgesehen. Doch auch hier enttäuscht er, die gelegentlichen etwas unbeholfenen Humorversuche sowie eine unpassende Musikbegleitung, die sich nicht zwischen Synthie und easy Listening entscheiden kann, tragen dazu bei, dass die eigentlich dystopisch ausgerichtete Geschichte nie ihre Wirkung entfalten kann.
Aber das war wohl auch gar nicht die Absicht gewesen, dafür hat man die Manga-Vorlage zu sehr nach eigenen Vorstellungen abgeändert. Teils sind die Überlegungen zu einer stark technisierten Welt und den Auswirkungen auf die Menschen noch zu spüren, für die Shirows späteres Opus Magnum Ghost in the Shell Weltruhm erlangte. Aber eben nur teils. Stattdessen ist Appleseed über weite Strecken ein stumpfer, ambitionsloser B-Movie, dessen großer Fokus auf Actionszenen angesichts der billigen Aufmachung vor ebenso große Rätsel stellt wie die hastig und wirr zusammengeschriebene Geschichte, die trotz des geringen Inhalts viele Fragen offen lässt.
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