(„Kingsglaive: Final Fantasy XV“ directed by Takeshi Nozue, 2016)
Seit vielen Jahren schon befinden sich das Königreich Lucis und das Reich Niflheim im Krieg, ein neues Abkommen soll endlich für Frieden sorgen. Doch der Preis ist hoch: Lucis soll eine ganze Reihe von Territorien abtreten, nur das Zentrum soll König Regis noch bleiben. Da die Armeen immer weiter vordringen und es nur eine Frage der Zeit ist, bis die mächtige durch einen magischen Kristall erzeugte Defensive bricht, lässt sich der Monarch schweren Herzens auf die Abmachung ein. Doch damit wird alles noch viel schlimmer. Ausgerechnet Regis’ Leibgarde Kingsglaive gerät in einen Hinterhalt und muss nun alles dafür tun, die Prinzessin Luna zu schützen.
Versuche, die enorme Popularität der Videospielreihe „Final Fantasy“ auch in animierter Form auszunutzen, gab es in den letzten zwei Jahrzehnten ja häufiger – angefangen von dem eher unbekannten und auch unspektakulären Legend of the Crystals. Inzwischen hat der ehrwürdige RPG-Opa aber mächtig Federn lassen müssen, Käufer verloren, Ansehen ebenso. Wenn um Teil 15 der Reihe also gleich zwei Animationsprojekte entstehen, die Animeserie Brotherhood: Final Fantasy XV und das CGI-Spektakel Kingsglaive: Final Fantasy XV, dann wohl auch deshalb, um vorab den Hype ein bisschen zu steigern und den starken Negativtrend wieder umzukehren.
Zumindest bei Kingsglaive gelingt das aber mehr schlecht denn recht. Zwei Reiche, die sich im Krieg befinden, das eine offensichtlich gut, das andere schlecht, dafür besonders mächtig, im Fantasyumfeld ist das jetzt keine unbedingt bahnbrechend neue Ausgangssituation. Umso wichtiger wäre es, dieses Skelett mit ordentlich Fleisch zu füllen. Mit spannenden Figuren beispielsweise. Mit einer außergewöhnlichen Mythologie oder Gesellschaft. Oder wenigstens einer Stadt, die ein eigenes Flair hat. Kingsglaive hat nichts von alldem zu bieten. Die meisten Figuren bekommen zu wenig zu tun, sterben etwa, bevor man sich für sie interessieren könnte. Oder sterben in manchen Fällen leider nicht. Luna beispielsweise, der – so macht es der Film klar – ein besonderes Schicksal zusteht, verbringt die Zeit am liebsten damit, ominöses Zeug von sich zu geben und sich von den anwesenden Herren retten zu lassen. Die angekündigte starke Frau bleibt auf diese Weise eine nichtssagende Damsel in Distress.
Wobei man ehrlich hinzufügen muss, dass es ihren männlichen Kollegen nicht sehr viel besser geht. Wenn diese sich nicht gerade seltsam konstruierte Dialoge um die Ohren hauen, verhalten sie sich auf eine Weise, die nicht so wirklich mit der Situation harmonieren will. Willkürlich ist das Ergebnis mindestens, wenn nicht sogar ausgesprochen dumm, die Motivationen bleiben teils kaum nachvollziehbar. Sehr viel mehr Spaß macht Kingsglaive, sobald die Recken zu ihren Waffen greifen und sich in spektakuläre Kampfszenen werfen. Das geschieht glücklicherweise oft genug: Schon der Anfang besteht aus einer Reihe hektisch geschnittener Actionsequenzen, zum Ende hin darf auch die ganze Stadt in Schutt und Asche gelegt werden. Das ergibt des Öfteren nicht wirklich viel Sinn, da steht das Eyecandy eindeutig über dem Inhalt auf der Prioliste, ist aber so effektreich und dank der Teleportfähigkeit, die hier jeder zu besitzen scheint, auch von einem enorm hohen Tempo begleitet.
Auch sonst ist der von Visual Works produzierte Film recht schick, seit den FF-Anfangstagen in Die Mächte in dir hat sich doch eine ganze Menge getan – sieht man einmal von den noch immer komplett bewegungslosen Frisuren ab, die nicht so recht zu dem realistischen Szenario passen. Und auch die Kombination der traditionellen Fantasy-Bestandteile mit der sehr modernen Stadt, in der die Leute gewöhnliche Audis fahren, ist etwas kurios. Aber darüber sollte man bei dem Beitrag des Fantasy Filmfests 2016 nicht wirklich nachdenken, die Autoren haben es schließlich ebenso wenig getan, so wie hier vieles unausgegoren wirkt. Manche wird das aber vielleicht sogar anspornen, tatsächlich dem Reich in interaktiver Form einen zweiten Besuch abzustatten. Ein bisschen neugierig ist man angesichts mancher noch nicht wirklich erklärter Elemente schon, auch wenn der in der späteren Spielgrafik gehaltene Epilog die Vorfreude auf das Ende November erscheinende Spiel wieder dämpft, denn die kann es visuell mit den vorangegangenen 105 Minuten in keinster Weise aufnehmen.
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