Nichts mehr wie vorher
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Nichts mehr wie vorher

(„Nichts mehr wie vorher“ directed by Oliver Dommenget, 2013)

Nichts mehr wie vorher
„Nichts mehr wie vorher“ ist seit 19. August auf DVD erhältlich

Erst wurde er missbraucht, anschließend sogar ermordet: Das Schicksal des gerade mal 11-jährigen Fabian bewegt die Menschen. Sowohl für die Bevölkerung wie auch die unter enormem Druck stehende Polizei muss schnell ein Schuldiger her, um die Gemüter zu beruhigen. Und eben dieser scheint beim 16-jährigen Daniel Gudermann (Jonas Nay) gefunden worden zu sein: Nicht nur will ihn jemand nahe des Tatortes gesehen haben, bei einer Hausdurchsuchung stellt sich heraus, dass auf dem Computer des Jugendlichen homosexuelle Inhalte sind. Während seine Mutter Claudia (Annette Frier) unbeirrt für ihren Sohn kämpft und fest an seine Unschuld glaubt, kommen dem homophob veranlagten Vater Ulli (Götz Schubert) Zweifel.

Es war schon recht schockierend, wie 2012 beim Mordfall Lena die Menschen zur Selbstjustiz aufriefen, um den vermeintlichen Täter noch vor der Verurteilung zur Rechenschaft zu ziehen. Und auch wenn der Fernsehfilm Nichts mehr wie vorher die Ereignisse fiktionalisiert und zielgruppengerecht aufpeppt, schockierend ist auch diese Fassung. Da gibt es offene Anfeindungen, Kontakte werden abgebrochen, mal wird auch „nur“ das Garagentor mit Beleidigungen verziert: Das Leben der Familie Gudermann wird schnell zur Hölle, das des eilig in Untersuchungshaft geworfenen Daniel sowieso.

Dass der Film diese Wirkung erzielt, liegt aber auch daran, dass wie beim thematischen ähnlichen Die Jagd die Frage nach der Schuld Daniels für das Publikum hier gar nicht erst gestellt wird. Nichts mehr wie vorher macht schnell klar, dass der Junge einfach nur zur falschen Zeit am falschen Ort war, ihm von seinen Mitbürgern großes Unrecht angetan wird mit der Vorverurteilung. Spannender wäre es natürlich gewesen, den Zuschauern ein eigenes Urteil abringen zu wollen, sie zu einer Haltung zu zwingen, ohne ihnen die erlösende Auskunft über den Täter zu geben. Aber so viel wollte man ihnen dann wohl doch nicht zumuten, hier dürfen sich alle einmütig fassungslos geben, wie andere Menschen sich derart verhalten können. Und auch bei der Musik wird lieber nichts dem Zufall überlassen, stellenweise wird das Geschehen völlig von den dramatischen Klängen erstickt.

Und das ist sehr schade, am stärksten ist Nichts mehr wie vorher nämlich dann, wenn Regisseur Oliver Dommenget einfach seinen Darstellern vertraut und die leisen Szenen für sich sprechen lässt. Jonas Nay hat sich schon in diversen anderen anspruchsvolleren Rollen dafür empfohlen, doch mal ein bisschen bekannter zu werden, und gibt hier überzeugend den verwirrten bis verängstigten jungen Mann. Für manchen überraschender wird daher Annette Frier sein, die sich bislang vor allem in komischen Rollen oder durch ihre Improvisationssendungen bewiesen hat, hier aber auch als wie eine Löwin um ihr Junges kämpfende Mutter glänzt. Allein für dieses Duo hat sich die späte Veröffentlichung der TV-Produktion gelohnt.

Interessant ist zudem, wie in dem Film mehrere Ansätze miteinander verknüpft werden: die Hexenjagd, ein Familiendrama, der Krimiteil sowie eine Coming-out-Geschichte. Denn am Ende geht es nicht nur darum, wer Fabian etwas derart Furchtbares hat antun können, sondern wie Daniel und die anderen mit seiner Homosexualität umgehen sollen. Viel Stoff also, der bei einem nur knapp anderthalb Stunden dauernden Werk natürlich nicht wirklich ausgearbeitet werden kann. An manchen Stellen wird es dann leider auch ein wenig holprig, gerade auch weil nicht alle der Darsteller das hohe Niveau der Hauptprotagonisten halten können. Wer sich aber nicht an dem leicht Überhasteten und dem tendenziell Manipulativen von Nichts mehr wie vorher stört, der findet hier ein zuweilen bewegendes, zumindest aber nachdenklich stimmendes Drama darüber, wie Menschen miteinander umgehen – im Alltag und in Ausnahmesituationen.



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Ein Junge ist tot, ein anderer soll daran schuld sein: Basierend auf einer wahren Begebenheit erzählt „Nichts mehr wie vorher“ die Geschichte einer aus einem Unglück entstandenen Hexenjagd. Das ist schockierend und teils sehr gut gespielt, allerdings auch wenig subtil und etwas mit den vielen Themen überfordert, die zwischendurch angeschnitten werden.
6
von 10