(„Incident at Victoria Falls” directed by Bill Corcoran, 1992)
Auch ein Meisterdetektiv wird nicht jünger. Wenn es nach Sherlock Holmes (Christopher Lee) ginge, er hätte Lupe und Mantel längst an den Nagel gehängt und sich auf dem Land der Bienenzucht gewidmet. Sollen doch jüngere an seiner Stelle Verbrecher jagen. Andere wollen jedoch nicht so ohne weiteres auf die Dienste von Englands bekanntestem Schnüffler verzichten, vor allem nicht, wenn dabei ein ungemein wertvoller Edelstein auf dem Spiel steht. „Stern von Afrika“, wird der riesige Diamant genannt, den Holmes zusammen mit Dr. Watson (Patrick Macnee) aus Afrika nach England schaffen soll – auf königlichem Wunsch. Aber wie so oft kommt es anders in dem Leben des Kriminologen: Als sie den Stein aus dem Safe nehmen wollen, finden sie stattdessen dort eine Leiche sowie eine mysteriöse Inschrift.
Aller guten Dinge sind zwei, dachte man wohl im englischen Fernsehen. Und so gab es einen zweiten Zweiteiler mit den zwei großen Schauspielern Christopher Lee und Patrick Macnee (Mit Schirm, Charme und Melone). Und tatsächlich ist der zweite gemeinsame Auftritt als Sir Arthur Conan Doyles berühmte Romanfiguren etwas besser als der ein Jahr zuvor gezeigte Sherlock Holmes und die Primadonna. Zunächst einmal waren sich die Filmemacher dieses Mal bewusst, dass Lee als herumlaufender Detektiv eigentlich schon zu alt ist, was dessen Holmes auch mehrfach betont. Auf unfreiwillig komische Actionszenen wurde dann auch größtenteils verzichtet, sieht man von einer unverkennbar gedoubelten zum Ende hin ab.
Stattdessen ist Der Stern von Afrika ein Film, der sich viel Zeit lässt. Ein bisschen zu viel Zeit sogar. Nicht, dass es dem Krimi an Inhalt mangeln würde. Es wird sogar recht oft der Schauplatz gewechselt, bei dem Versuch, Diamant bzw. Täter zu schnappen, reisen Holmes und Watson quer durch Afrika, stoßen dabei unentwegt auf neue Leichen. Und alte Verdächtige. Des Öfteren hat man jedoch den Eindruck, dass die Reise eher zum Zweck angetreten wurde, die 180 Minuten voll auszukosten, weniger weil es die Geschichte so verlangt hätte. Die hat dieses Mal wieder ein bisschen mehr Krimicharakter, im Vergleich zu dem eher thrillerartigen Primadonna. Vieles wird zwar mal wieder im Voraus verraten, das eine oder andere Rätsel oder so manche falsche Fährte gibt es zwischendurch aber auch, sodass es nun ein wenig komplexer wird. Oder auch wirrer, denn nicht alles davon wird ganz befriedigend erklärt, Fragezeichen lösen sich nicht pünktlich zum Abspann wieder auf.
Dafür setzt es diverse Ausrufezeichen beim Drumherum. Durch Afrika zu reisen, das hat heute natürlich nicht mehr dieselbe Exotik wie vor 25 Jahren, in einer völlig globalisierten Welt wirkt Der Stern von Afrika irgendwie aus der Zeit gefallen. Genau das gibt dem Film aber auch einen gewissen Charme: Nicht nur aufgrund der historischen Ausstattung – die Geschichte soll im Jahr 1910 spielen –, sondern auch aufgrund der Art und Weise, wie der Schwarze Kontinent präsentiert wird, ist das Holmes-Abenteuer ein kleines Geschenk für Nostalgiker. Aufgelockert wird das Geschehen erneut durch kleine Humoreinschübe, die zum einen auf Macnee als Sidekick zurückgehen, aber auch darauf, dass hier diverse historische wie literarische Figuren auftauchen, die man in der Form sicher nicht erwarten würde. Mit den großen Holmes-Konkurrent kann es diese betuliche Fassung nicht wirklich aufnehmen, dafür fehlt es erneut an Spannung. Gerade Sammler dürfen sich aber darüber freuen, dass die beiden Zweiteiler seit Kurzem das erste Mal auf Deutsch vorliegen.
(Anzeige)