(„Braqueurs“ directed by Julien Leclercq, 2016)
Besser hätte es für Yanis (Sami Bouajila), seinen jüngeren Bruder Amine (Redouane Behache), Eric (Guillaume Gouix), Nasser (Youssef Hajdi) und Franck (David Saracino) nicht laufen können: Die Blankopässe, die sie bei einem Überfall ergaunert haben, gehören ihnen, mehrere Hunderttausend Euro springen für jeden dabei heraus. Dummerweise war das Amine jedoch nicht genug, ein bisschen wollte er sich noch mit dem Verkauf einer Tatwaffe hinzuverdienen, was ihnen mächtig Ärger mit einer anderen Bande einbringt. Und so haben sie keine wirkliche Wahl: Entweder sie übernehmen für die Kollegen bei einem Drogencoup die Drecksarbeit oder sie können sich von so ziemlich jedem Familienmitglied verabschieden. Und von dem eigenen Leben natürlich auch.
Ein bisschen schmunzeln darf man bei Im Auge des Wolfes aka The Crew ja schon, wenn die Bandenmitglieder über ihre Arbeit reden. Pässe für illegale Immigrationsringe klauen und wehrhafte Wachmänner erschießen, das ist in Ordnung. Drogengeschäfte und Kollegen ermorden, das geht jedoch zu weit. Dieser vermutlich ohnehin unfreiwillige Humor ist aber auch der einzige Anlass zum Lachen, dem einen der französische Actionthriller gibt. Ansonsten geht hier alles betont düster und cool zu, wie man es von „echten“ Gangstern auch erwarten kann: Tattoos, Waffen, alte Wunden – ein erster Blick verrät schon, dass wir es hier mit echt bösen Jungs zu tun haben. Oder zumindest ein bisschen böse, schließlich braucht es noch den Kontrast mit den wirklich bösen Drogendealern, damit wir den Räubern bei ihrem Überlebenskampf auch die Daumen drücken können.
Wer diese Räuber im Einzelnen sind, das wird jedoch nicht so wirklich verraten. Denn eigentlich interessiert sich Julien Leclercq, der hier Regie führte und am Drehbuch mitschrieb, nicht dafür, wer bei seinem Film mit Waffen herumläuft. Hauptsache, die Schießeisen kommen zum Einsatz. Ein paar zaghaftere Versuche gibt es, den Figuren Profil zu verleihen, gerade auch beim jeweiligen Umgang mit den Familien. Sehr weit geht das aber nicht, so mancher wird hier zum bloßen Kanonenfutter degradiert, von dem man nicht einmal sagen kann, wie es vor dem Ableben eigentlich hieß. Sonderlich effektiv sind die vereinzelt etwas emotionaleren Momente dann auch nicht, dafür bleiben die Menschen beim Beitrag des Fantasy Filmfests 2016 dann doch zu sehr Fremdkörper in einem überwiegend von Waffen definierten Film.
An die Geschichte sollte man aus demselben Grund keine übermäßig hohen Ansprüche haben, das ist hier meistens nur ein Mittel zum Zweck. Schon die Art und Weise, wie die beiden banden aneinandergeraten, darf man getrost in der Schublade „konstruiert“ ablegen. Und auch danach wollte man die Zuschauer inhaltlich nicht unbedingt überfordern, The Crew ist ein recht schnörkelloser Actionthriller, der sich auch ganz gern mal auf bewährten Klischees ausruht. Aber doch einer, der mit seinen düsteren Bildern und der unruhigen Wackelkamera Laune macht. Wenn Yanis und seine Jungs sich abwechselnd mit Killern oder Polizisten Schussgefechte sowie Verfolgungsjagden liefern, bleiben Tempo und Adrenalinspiegel auf einem konstant hohen Niveau. Manchmal ist dieses vielleicht sogar etwas zu hoch, denn mitunter wird es hier ziemlich unübersichtlich, man weiß schon gar nicht mehr, wer wann wo unterwegs ist.
Dafür stimmt die Spannung, denn anders als bei vielen Genrekollegen, lässt es Leclercq offen, welche der Protagonisten am Ende übrigbleibt, Überlebensgarantien gibt es keine, auf beiden Seiten nicht. Wer seine Filme ein wenig bleihaltiger mag, sollte sich die Aufführung auf dem Filmfest daher nicht entgehen lassen.
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