(„Birkebeinerne“ directed by Nils Gaup, 2015)
Im Jahr 1204 ist in Norwegen der Konflikt zwischen den herrschenden Birkebeinern und den kirchentreuen Baglern längst zu einem Bürgerkrieg angewachsen. Als König Hakan ermordet wird, ist endlich der Weg frei für die machthungrigen Bagler, so denken sie zumindest. Stattdessen muss der intrigante Gisle (Pål Sverre Valheim Hagen) zu seinem Entsetzen hören, dass der unfreiwillig aus dem Leben getretene Monarch noch ein uneheliches Kind hat, welches seinen eigenen Herrschaftsansprüchen im Weg steht. Dass dieses Balg weg muss, versteht sich von selbst. Doch noch bevor er seiner habhaft werden kann, kommen ihm Skjervald (Jakob Oftebro) und Torstein (Kristofer Hivju) zuvor, die gemeinsam mit dem Säugling eine Flucht durch das winterliche Norwegen antreten.
Die norwegische Geschichte ist einem hierzulande nicht unbedingt vertraut. Das macht The Last King gleichzeitig zu einer sehr interessanten, wenn auch zuweilen reichlich frustrierenden Geschichtsstunde. Wer war noch mal wer? Welche Bündnisse gibt es noch gleich? Und wo überhaupt sind wir hier eigentlich? Diese Fragen sind alles andere als einfach zu beantworten, man merkt der norwegischen Produktion dann doch an, dass sie in erster Linie ein heimatliches Publikum ansprechen soll, die mit den Namen und Begriffen etwas anfangen kann, ohne nebenbei Wikipedia lesen zu müssen. Erschwerend kommt hinzu, dass wir hier so oft im Schnee und in zugigen Hütten unterwegs sind, die Protagonisten entsprechen stark eingepackt, dass wir nur wenig von ihnen zu sehen bekommen. Und das ist keine besonders günstige Voraussetzung, um Figuren näher kennenzulernen.
Andererseits ist The Last King auch kein Film, der großen Wert auf seine Charaktere liegt oder diese auch braucht. Zwei Seiten kämpfen um die Macht, das Baby ist der Schlüssel hierzu – viel mehr gibt es zu der Geschichte eigentlich nicht zu sagen. Dass weiterhin fleißig integriert wird, bekommt man irgendwie mit, hat aber nur wenig Anlass, darüber auch nachzudenken. Oder auch die Menschen an sich zu beachten. So gut Oftebro und Hivju darin sind, ihren Häschern zu entkommen oder notfalls das Schwert zu schwingen, der eigentliche Star ist hier die winterliche Landschaft des nordeuropäischen Landes. So weit das Auge reicht, hier scheint alles von ewigem Eis befallen zu sein, der Tag nie wirklich zu einem solchen zu werden. Das ergibt schon eine beeindruckende Kulisse, vor denen die sich in Relation doch sehr kleinen Menschen so tummeln.
Witzig dabei ist, dass sich die Krieger nicht wie bei sonstigen Historienepen exklusiv auf Pferden fortbewegen, sondern oft auf Skiern. Hin und wieder durften wir das auch bei neuzeitlichen Filmen sehen, dass die die eigentlich zur sportlichen Ertüchtigung gedachten Fortbewegungsmittel für Verfolgungsjagden funktionieren. Derart konsequent und häufig wie hier kamen sie bislang aber wohl noch nirgends zum Einsatz. Ein bisschen leidet darunter auch die Abwechslung des Films: Wo in modernen Blockbustern in Sekundenschnelle die immer zufällig bereitstehenden Fahrzeuge gewechselt werden, lässt sich The Last King nur selten sagen, an welcher Stelle wir in der Geschichte überhaupt schon angekommen sind. „Ist es noch weit?“, wird sich manch ungeduldiger Zuschauer da fragen. Aber es hat eben seinen eigenen Charme, hier gleich in mehrerer Hinsicht ganz andere Wege zu bestreiten, als wir es von den amerikanischen Ausflügen in eine brutale Vergangenheit gewohnt sind. Wessen Herz also für mittelalterliche Geschichten schlägt, der findet hier eine doch recht reizvolle Alternative zu dem Genreeinerlei.
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