(„Busanhaeng“directed by Sang-Ho Yeon, 2016)
Eigentlich hatte Seok-woo (Yoo Gong) den Geburtstag seiner Tochter Su-an (Su-an Kim) ganz anders verbringen wollen. Aber wie so oft im Leben des arbeitswütigen Fondsmanagers, das mit dem privaten Bereich will er einfach nicht in den Griff bekommen. Und so sitzt er dann doch, wenn auch widerwillig, mit ihr im Zug von Seoul nach Busan, um Su-an zu ihrer Mutter zu bringen, wo sie einfach lieber ist. Immerhin dort darf der Rabenvater aber zeigen, dass er in der Lage ist, für sein Kind zu sorgen, denn schon nach wenigen Minuten breitet sich eine Zombie-Epidemie aus, der ein Großteil der Passagiere zum Opfer fällt. Und nur gemeinsam mit den wenigen anderen Überleben haben die beiden eine Chance, sicher am Zielbahnhof anzukommen.
Filmfeste sind ja immer eine schöne Gelegenheit, ein bisschen über den Tellerrand hinauszuschauen und herauszufinden, was eigentlich in anderen Ländern filmisch so passiert. Dass Südkorea beispielsweise immer wieder für spannende Thriller gut ist, das könnte der eine oder andere schon mitbekommen haben. Reine Horrorwerke, die sind da schon seltener. Beim Fantasy Filmfest 2016 sind die Asiaten nun mit gleich zwei solcher Filme vertreten: Während die fernöstliche Exorzistenvariation The Priests recht erfolgreich beim Wettstreit um den Fresh Blood Award mitmischt, ist es vor allem Train to Busan, auf den alle Augen gerichtet sind. Nicht nur, weil dieser der Abschluss des diesjährigen Genrefestivals markiert, sondern weil er mit zehn Millionen Besuchern einen neuen Rekord in der Heimat aufgestellt hat.
Die eigentliche Geschichte dürfte an dem Erfolg nur wenig Anteil gehabt haben. Es gab irgendwo einen Unfall bei einem Bio-Konzern, wie wir später erfahren, der wohl alles ausgelöst hat. Aber es ist eine recht beiläufige Erklärung, auf die hätte verzichtet werden können, ohne dass es Einflüsse auf den Film gehabt hätte. Etwas mehr Ambitionen zeigt Regisseur und Drehbuchautor Sang-Ho Yeon dafür bei den Figuren, lässt Seok-woo unterwegs immerhin ein bisschen was über Gemeinschaft und Rücksichtnahme lernen. Allzu viel sollte man hier jedoch nicht erwarten, besonders für Yeon, der in seinen Animationsfilmen The King of Pigs und The Fake tief in die Abgründe seiner Mitmenschen schaute, bleibt das hier schon recht oberflächlich und stereotyp – gerade im weiteren Verlauf. Selbst sein Seoul Station, sein Anime-Prequel, welches zeitgleich auf dem Festival lief, hatte hier mehr zu bieten.
Dafür brilliert der Südkoreaner ausgerechnet in einem Bereich, den man ihm zuvor so gar nicht zugetraut hätte: den Action-Sequenzen. Wer erinnert sich nicht gern an die Mauersequenz von World War Z zurück, die wohl zu den spektakulärsten des gesamten Zombiegenres gehört? Ganz so groß wie dort wird das hier zwar nicht, das verhindert allein schon das sehr beengte Setting des Zuges. Was sich innerhalb des Todesgefährts abspielt, raubt einem aber auch so noch oft genug den Atem. Ähnlich zu Seoul Station sind die fauligen Menschenfresser nämlich überaus agil: Wer da nicht schnell genug die Tür hinter sich schließt, der darf beim blutigen Mitfahrerknabbern gleich selbst mitmachen. Und das kommt oft vor, das anfangs imposant große Ensemble dünnt sich mit der Zeit sehr stark aus, eine Überlebensgarantie gibt es für niemanden.
Es ist aber nicht nur das Tempo, welches Train to Busan auszeichnet, sondern auch dass die Untoten auf Sicht und Geräusche angewiesen sind, um ihre Beute erkennen zu können. Hört sich belanglos an, hat aber eine Reihe ungewöhnlicher Situationen zufolge, in denen der klägliche Rest der Passagiere durchaus Grips beweisen muss, um sich von einem Waggon zum nächsten durchzuarbeiten. Das ist trotz gelegentlicher Längen – zwei Stunden hätte es dann doch nicht für Trip gebraucht – unterhaltsam, quasi die Zombie-Variante von Snowpiercer, nur ohne dessen Abwechslung. Schade nur, dass Yeon seine cleveren Ideen nicht wirklich durchgängig einsetzt, er zusätzlich zu den Figuren auch bei der Handlung immer mal wieder auf Klischees setzt. Da dauert eine Verwandlung in einen Zombie mal Sekunden, dann mehrere Minuten, die Menschen verhalten sich erstaunlich gewitzt, sind im nächsten Moment strohdumm – so wie es der Filmemacher gerade braucht. Über diese diversen Unstimmigkeiten muss man also schon ein wenig hinwegsehen können, ebenso über den Hang zum Kitsch zum Ende hin. Wer das kann, darf sich hier auf einen spaßigen Vertreter seiner Art freuen, der zwar nicht alles anders macht, aber doch eigenständig genug ist, um aus der Masse an Zombiefilmen positiv hervorzustechen.
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