(„Abattoir“ directed by Darren Lynn Bousman, 2016)
Es ist ein grausiger Anblick, der sich Julia (Jessica Lowndes) da bietet: Ihre Schwester, deren Mann und auch der kleine Sohn wurden brutal ermordet. Der Täter ist schnell gefasst, der Fall somit geklärt. Nur Julia will sich damit nicht abfinden, denn die Journalistin findet heraus, dass es offensichtlich kein Einzelfall war, dass das Verbrechen Gemeinsamkeiten mit anderen aufweist. Aber wie kann das sein, wenn dabei jeweils ein anderer die Morde begangen hat, die Morde auch Jahrzehnte auseinander liegen? Gemeinsam mit ihrem Ex-Freund Detective Grady (Joe Anderson) begibt sie sich auf eine Spurensuche, die sie in einen abgelegenen Ort führt, wo noch weitere Mysterien auf sie warten. Und eine Wahrheit, von der niemand wissen darf.
Wenn ein Film damit wirbt, dass der Regisseur zuvor mehrere Teile von Saw inszeniert hat, dann wird das nicht unbedingt jeden hoffnungsvoll stimmen, was einen als nächstes erwartet. Kommt dann noch hinzu, dass besagter Filmemacher hier die Fortsetzung zu einer eigenen Graphic Novel inszeniert hier, die zusammen mit geplanten Folgefilmen ein ganzes Universum bilden sollen, dann ist die Skepsis noch mal ein bisschen höher. Und doch ist Abattoir deutlich interessanter, als es einen die Begleitumstände erwarten lassen. Gleichzeitig aber auch eine sehr frustrierende Angelegenheit.
Frustrierend deshalb, weil dem neuesten Werk von Darren Lynn Bousman eigentlich eine Idee zugrunde liegt, die tatsächlich anders ist, dem altehrwürdigen Haunted-House-Subgenre tatsächlich mal ein frisches Szenario abgewinnt. Das ist die gute Nachricht. Die schlechte ist, dass der Amerikaner und seine drei Drehbuchautoren aus dem Stoff keinen sonderlich fesselnden Film daraus gemacht haben. Der Anfang ist dabei durchaus vielversprechend: Abattoir lässt das Publikum nicht lange zappeln, sondern beginnt eigentlich sofort mit dem brutalen Mord. Dieser ist zwar – ganz anders als bei Saw – nicht zu sehen, dafür aber mit so viel rätselhaften Begleitumständen verbunden, dass man dann doch irgendwie mehr sehen will. Warum ruft der Täter bei Julia an? Weshalb hat er den Mord begangen, wenn er weiß, dass er unverzeihlich ist? Und was meint er damit, dass das erst der Anfang ist?
So weit so gut. Leider ist es aber gerade der Versuch, diese Fragen zu beantworten, die dem Beitrag vom Fantasy Filmfest 2016 so zusetzen. Wenn Julia, ganz in ihrem Journalisten-Element, herumschnüffelt, dabei eine Spur nach der anderen entdeckt, dann ist das gleichzeitig zu schnell und zu langsam. Zu schnell, weil Abattoir an der Stelle eigentlich überhaupt nicht mehr nachvollziehbar ist, die Gedankensprünge und Schlüsse sind derart willkürlich, dass man sich als Zuschauer hier geradezu unerwünscht fühlt. Zu langsam, weil die Ermittlungen letztendlich viel Lärm um nichts sind, trotz des hohen Tempos kaum was vorangeht.
Erst als das Duo den Ursprüngen nähert, nimmt der Film Fahrt auf, dann aber richtig. Die ersten Begegnungen sind noch recht formelhaft, verlassen sich beispielsweise auf wenig ambitionierte Jump Scares, wohl auch, um das Horrorpublikum nicht ganz zu verlieren. Doch es ist das Finale, welches beeindruckt: Abattoir gleicht nun einer Geisterbahn, die einen im Sekundentakt mit neuen alptraumhaften Szenen beglückt, den Zuschauer überhaupt nicht mehr zur Ruhe kommen lässt. Dass hier vieles eigentlich keinen Sinn ergibt, wird zur Nebensache, ebenso die genretypisch befremdlichen Handlungsweisen der Figuren. Denn der Horrorstreifen wird dann auch visuell so fesselnd, dass man sich wünschen würde, hier noch mehr hätte sehen zu dürfen. Und eben auch, dass der Rest des Films im Vergleich nicht ganz so stark abfallen würde. Ein bisschen neugierig darf man angesichts des starken Schlusses aber schon sein, was Bousman in dem schon vor einem Jahr angekündigten Nachfolger The Dwelling so vorhat.
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