(„Ano Hi Mita Hana no Namae o Bokutachi wa Mada Shiranai – Menma e no Tegami“ directed by Tatsuyuki Nagai, 2013)
Ein Jahr ist vergangen, seitdem die Clique der „Super Peace Busters“ noch einmal zusammen kam, um Menmas letzten Wunsch zu erfüllen. Der Geist des verstorbenen Mädchens ist seither auch tatsächlich verschwunden, doch die Auswirkungen sind noch immer zu spüren. Vergessen hat keiner der fünf die Kindheitsfreundin, ebenso wenig die Themen und geheimen Sehnsüchte, welche ein Jahr zuvor zur Sprache kamen. Und so beschließt das Quintett Menma Briefe zu schreiben, um ihr darin zu sagen, was es empfindet und was sie Jinta und den anderen bedeutet hat.
Dass Animeserien später noch einmal in Filmversionen zusammengefasst werden, ist kein wirklich neues Phänomen. Und warum auch nicht? Wer nicht die Zeit hat, Hunderte Folgen anzuschauen, bekommt so einen kleinen Schnupperkurs, darf etwa bei Die Biene Maja – Ihre schönsten Abenteuer oder Gintama – The Movie entscheiden, ob eine Serie interessant genug ist, um richtig einzusteigen. Aber auch als kleine Auffrischung Jahre später sind solche Recap Movies ganz nützlich, bevor es mit neuem Material weitergeht: siehe Death & Rebirth, welches potenzielle neue Zuschauer auf End of Evangelion vorbereiten sollte. Dass man große Fans auf diese Weise ein zweites Mal zur Kasse bitten kann, ist hierbei ein netter, sicher nicht unbeabsichtigter Nebenaspekt.
Bei AnoHana ist ein solcher Film erst einmal weniger naheliegend. Zwei Jahre, nachdem die Serie im alternativen Animeblock noitaminA gelaufen war, brauchte man da tatsächlich eine Zusammenfassung von gerade einmal elf Folgen? Wobei The Movie ohnehin in der Hinsicht ein bisschen anders funktioniert. Eigentlich ist er vielmehr als Epilog konzipiert, welcher zwar nicht viel zur Serie hinzuzufügen hat, aber doch einige vormals lose Enden aufgreift und der Geschichte einen Abschluss verleiht. Nur dass dies eben mit zahlreichen Flashbacks einhergeht, welche Szenen zeigen, die Kenner des Originals längst verinnerlicht haben. Visuell hat sich dabei naturgemäß wenig getan, immerhin sind die erneut von A-1 Pictures (Sekai Seifuku, The Perfect Insider) produzierten, ansehnlichen Neuszenen kaum von den alten zu unterscheiden, so dass alles aus einem Guss ist.
Ganz rund ist dieser doppelte Ansatz dennoch nicht, da er wie viele Recap-Kollegen etwas zwischen den Stühlen sitzt. Fans der Serie dürfen sich zwar auf neue Szenen freuen, müssen aber viele Wiederholungen in Kauf nehmen, um dorthin zu gelangen. Da wäre eine tatsächliche Fortsetzung schöner gewesen. Neulinge wiederum werden bei der Kurzfassung einiges verpassen, manches nicht verstehen, nicht verstehen können. Zudem sind diverse Ereignisse aufgrund der Zusammenkürzungen und der nun fehlenden Kontexte weniger emotional, da sie sehr unvermittelt auftreten. Ganz aufs große Drama muss natürlich keiner verzichten, dass die hierfür berüchtigte Drehbuchautorin Mari Okada (Black Rock Shooter, Selector Infected WIXOSS) gerne mal den Vorschlaghammer auspackt, das wird auch in der verwässerten Form noch deutlich.
Teilweise wird The Movie dadurch sogar angenehmer. Die Mischung aus Retrospektive und Introspektive – die Geschichte wird mehr oder weniger durch das Briefeschreiben erzählt – gibt den Ereignissen eine verträumte Stimmung, lässt Gedanken und Ereignisse zusammenfließen. Natürlich ist AnoHana aber trotz allem von Melancholie, wenn nicht gar Traurigkeit bestimmt: Der Blick zurück ist immer mit Wehmut verbunden, durch den Kontrast zwischen den fröhlichen Kindheitserinnerungen und dem nicht immer fröhlichen Alltag als Jugendlicher. Die allmähliche Verarbeitung der Erfahrungen macht die Filmversion sogar ein wenig erwachsener als das Serienpendant. Aber auch weniger spannend. Eine wirkliche Handlung gibt es innerhalb dieses Stückwerks nicht, das spaßige Rätselraten, worum es bei AnoHana eigentlich geht, fällt nun weg, zu guter Letzt sind auch die humorvolleren Elemente ein wenig verloren gegangen. Anders gesagt: Wenn die Serie das Leben war, dann ist der Film das Nachdenken darüber. Auch das hat seine Reize, ist aber distanzierter. Einsteiger sollten deshalb doch besser die Serie in Angriff nehmen, sofern sie emotionalere Geschichten mögen, da diese trotz der melodramatischen Entgleisungen zum Schluss eine sehenswerte Auseinandersetzung mit Kindheit, Freundschaft und Verlust bedeutet. Wer die schon durch hat und mehr braucht, darf bei Gefallen aber durchaus auch den Epilog mal ins Auge fassen und hier ein paar alten Freunden guten Tag sagen.
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