(„The Conjuring 2“ directed by James Wan, 2016)
Von den einen verehrt, von den anderen verachtet: Ed (Patrick Wilson) und Lorraine Warren (Vera Farmiga) haben es mit ihren Dämonen-Austreibungs-Geschichten zu einem beachtlichen Ruhm geschafft. Doch das Leben mit den Ausgeburten der Hölle fordert seinen Tribut: Immer wieder müssen sie sich den Spott ihrer Mitmenschen anhören, zudem leidet Lorraine seit einiger Zeit an fürchterlichen Alpträumen. Nur zögernd lassen sie sich deshalb auf den Auftrag ein, nach London zu fahren, wo Peggy Hodgson (Frances O’Connor) und ihre vier Kinder mit nächtlichen Ereignissen zu kämpfen haben, denen nicht einmal die örtliche Polizei etwas entgegenzusetzen hat.
Dass das oftmals von Kritikern eher belächelte Horrorgenre im letzten Jahrzehnt einen festen Platz in den Kinos erobern konnte, das ist maßgeblich auch auf ihn zurückzuführen: James Wan. Saw und Insidious kosteten nur 1,5 Millionen Dollar, spielten jeweils aber rund 100 Millionen Dollar ein und zogen mehrere Fortsetzungen nach sich. Aber es war Conjuring, mit dem er endgültig in den Genreolymp aufstieg, aus einem Budget von 20 Millionen Dollar ein 300 Millionen starkes Schwergewicht auf die Leinwände zauberte und sogar von Nicht-Horror-Fans beträchtliche Lobeshymnen einheimsen durfte. Entsprechend groß waren die Erwartungen an das Sequel seines Monsterhits. Erwartungen, die er auch zu erfüllen wusste, teilweise auch übertraf – jedoch nicht immer im positiven Sinn.
Grundsätzlich ist bei dem neuen Fall alles beim alten geblieben: Erneut werden hier zwei Geschichten parallel erzählt, die am Ende zusammenfinden. Erneut geht es um ein Haus, in dem dämonische Kräfte am Werkeln sind. Erneut will niemand den Opfern glauben, bis es fast zu spät ist. Nein, originell ist Conjuring 2 natürlich nicht. Aber das würden vom ersten Teil wohl auch nur die allergrößten Enthusiasten oder völlige Genreneulinge behaupten wollen. Der Rest durfte sich auf traditionellen Gruselspaß freuen, umgesetzt mit neuester Technik und viel Gespür für Atmosphäre.
Das ist hier nicht anders. Angenehm unblutig rüttelt der in Malaysia geborene Regisseur und Drehbuchautor an Türen, lässt Schaukelstühle quietschen oder Spielzeuge verrückt spielen. Das gehört zum kleinen Einmaleins des Haunted-House-Horrors, ist zwar gewohnt kompetent umgesetzt, letzten Endes aber auch ein bisschen langweilig. Interessanter wird es, wenn Wan auch eigene Spuren auf den ausgetretenen Genrepfaden hinterlässt. Eine gewisse Szene, in der ein Gemälde eine größere Rolle spielt, wird zu Recht oft als einer der Höhepunkte des Films genannt. Und auch eine andere Figur, die ein Eigenleben entwickelt, drückt dem Film einen eigenen Stempel auf.
Gleichzeitig sind die beiden Szenen aber auch Teil des Problems: Allein auf ominöse Andeutungen und eine unheilvolle Stimmung wollte Wan sich nicht verlassen, weshalb er hier deutlich mehr zeigt, als man es in dem Bereich aus gutem Grund oft tut. Und mehr, als ihm gut tut. Der starke Fokus auf expliziten und visuellen Horror hat sicher einige tatsächlich furchteinflößende Momente zur Folge, wird mit der Zeit aber so inflationär gebraucht, dass sich die Wirkung abnutzt. Anstatt die Intensität zu steigern, geschieht das Gegenteil, viel zu schnell stellt sich ein Gewöhnungseffekt ein. Und die Ungeduld, wann es denn mit der Geschichte auch mal weiter geht. So nett die mal wieder ausgefeilten Kamerafahrten sind, auf weit über zwei Stunden ausgebreitet verkommen sie zu einem selbstverliebten Gimmick. Ein Geist, der ständig zu sehen und zu hören ist, der verliert den Schrecken des Unbekannten.
Und das ist das zweite große Problem von Conjuring 2: Der Film ist deutlich zu lang. Natürlich ist es irgendwo lobenswert, wenn Wan sichtlich bemüht seinen Figuren mehr Tiefe geben möchte. Der Alltag im Leben der Warrens bekommt eine größere Bedeutung, bei der heimgesuchten Familie mischt sich sogar eine gute Portion Sozialrealismus hinein. Die einzelnen Bestandteile finden nur nicht zu einem homogenen und durchwegs spannenden Gesamtwerk zusammen. Dass einige der späten Horrorszenen dann auch noch völlig over the top sind, sogar an der Grenze zum Lächerlichen, kostet dem Streifen trotz seiner eigentlich stimmungsvollen Atmosphäre weitere Sympathien. Anders gesagt: Selten hat ein Film die alte Devise „weniger ist mehr“ besser bestätigt als dieses zu dick aufgetretene Sequel, welches beim Versuch, den Vorgänger zu übertreffen, zu oft das Ziel verfehlt.
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