(„Desierto“ directed by Jonás Cuarón, 2015)
Nachdem eine legale Einreise in die USA für ihn nicht mehr möglich ist, entschließt sich der Mexikaner Moises (Gael Garcia Bernal), einen alternativen Weg einzuschlagen, um seinen dort zurückgelassenen Sohn wiederzusehen. Ein überaus gefährlicher Weg, führt die Reise doch mitten durch die Wüste. Und vielleicht wäre dieser geheime Menschentransport sogar von Erfolg gekrönt gewesen, hätte der Laster nicht mittendrin den Geist aufgegeben. Es hilft nichts, die wild zusammenwürfelte Truppe muss nun zu Fuß den letzten Abschnitt zur rettenden Grenze zurücklegen. Doch dabei haben sie die Rechnung ohne Sam (Jeffrey Dean Morgan) gemacht, der mit einem Gewehr bewaffnet und in Begleitung seines blutrünstigen Hundes schon auf die illegalen Einwanderer gewartet hat.
War es reiner Zufall oder durch die Angst vor dem Worst Case Donald Trump bedingt? Gleich zwei Beiträge vom Fantasy Filmfest 2016 setzten sich mit dem mörderischen Schicksal illegaler Einwanderer in den USA auseinander. Während die direkt nach der Ankunft entführten Unglückspilze von Kidnap Capital aber immer noch eine geringe Chance aufs Überleben bekamen – sie brauchten dafür „nur“ Geld –, dürfen die Kollegen in Desierto schon froh sein, wenn sie lebend die Grenze erreichen. Angesichts einer immer schärfer werdenden Wahlkampf-Rhetorik und der allgemein aufgeheizten Stimmung braucht es dann auch nicht viel Fantasie, um sich auszumalen, dass das an und für sich absurde Szenario der Realität gefährlich nah kommen könnte.
Das dürfte einer der beiden Gründe sein, weshalb Mexiko den Streifen auch ins offizielle Rennen um den Oscar als bester fremdsprachiger Film schickte. Der andere sind die bekannten Namen, die mit dem Projekt verbunden sind: Gael García Bernal, der wahrscheinlich bekannteste Schauspielexport des Landes übernahm die Hauptrolle, Regie und Drehbuch stammen von Jonás Cuarón, der zusammen mit Papa Alfonso immerhin Gravity schrieb. An der eigentlichen Qualität des Films liegen die großen Hoffnungen jedoch eher nicht, da diese doch überschaubar bleibt.
Brillant sind natürlich die Aufnahmen. Von Anfang an, wenn wir das erste Mal die Wüste betreten, die für viele später die Endstation bedeuten wird, wird klar, dass wir hier völlig auf uns allein gestellt sind. Es gibt nicht mal Anzeichen einer nahen Zivilisation, dafür weite, trockene Flächen, viele Felsen, ein paar trockene Pflanzen. Deutlich heißer als die letzte Spielwiese des mexikanischen Filmemachers, aber nicht weniger menschenverlassen. Vor allem aber nicht weniger gefährlich. Und doch geht eine Faszination von dieser isolierten, auf bizarre Weise schönen Landschaft aus, die in einem starken Kontrast zu den blutigen Ereignissen steht, welche hier stattfinden. Und auch ein Kontrast zu der treibenden Musik, die einsetzt, sobald die eigentliche Geschichte losgeht.
Doch eben Letztere ist der Schwachpunkt des Films. Die sicher nicht zufälligen Bezüge zur allgemeinen Immigrationsdebatte gehen bald im Genreeinerlei unter. Dass hier ein US-Amerikaner auf Mexikaner schießt, mag schockieren, unterscheidet sich aber nicht wesentlich von den diversen anderen Menschenjagdfilmen, die man in erster Linie im Direct-to-Video-Bereich findet. Spannend ist das kaum, schließlich steht hier von Anfang an fest, wer die Hauptpersonen im Showdown sind und wie dieser wohl ausfallen wird. Überraschend ist dabei neben der beachtlichen Brutalität allenfalls, wie wenig Wert auf Überraschungen gelegt wurde. Statt kreativer Momente gibt es Standardprogramm vor hübscher Kulisse, einige ausgesprochen unsinnige Szenen, die bis an die Grenze des Lächerlichen gehen, sowie nichtssagende Figuren. Vereinzelt wird das Tempo zwar gedrosselt, um ein paar Einblicke in das Seelenleben der beiden Kontrahenten zu geben, ohne aber dass diese von interessanten Funden belohnt würden. Was bleibt, ist ein doch ziemlich durchschnittlicher Thriller, der in erster Linie von Punkten profitiert, die eigentlich nichts mit dem Film zu tun haben.
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