(„Cézanne et moi“ directed by Danièle Thompson, 2016)
Von frühester Kindheit an sind Paul Cézanne (Guillaume Gallienne) und Émile Zola (Guillaume Canet) miteinander befreundet. Die Liebe zur Kunst eint die beiden Jungen, auch dann noch als Paul die Malerei für sich entdeckt und Émile sich einen Namen als Schriftsteller macht. Doch immer wieder geraten die beiden Männer während ihrer Jahrzehnte andauernden Freundschaft aneinander. Mal sind es ihre unterschiedlichen Einstellungen zur Kunst, welche sie trennt, die Frage, wie viel des Lebens in ihren Werken auftauchen darf. Und dann wäre da auch noch Alexandrine (Alice Pol), in die sich die beiden zeitgleich verlieben.
Den impressionistischen Landschaftsmalereien von Paul Cézanne dürften die meisten irgendwann einmal über den Weg gelaufen sein. Und auch Émile Zola, der durch seine naturalistischen Beschreibungen zu einem bedeutenden Romancier wurde, war im Schulunterricht ein häufig gesehener Gast. Dass die beiden eine langjährige, mitunter aber sehr schwierige Freundschaft verband, das wird vielen weniger geläufig sein. Genau dieser Aspekt ist es, dem sich Meine Zeit mit Cézanne widmet, dem Titel zum Trotz steht weniger der Maler im Mittelpunkt als dessen von Turbulenzen geprägte Beziehung zu Zola.
Wobei turbulent sicher ein Wort ist, welches nur die wenigsten für die Beschreibung des Films verwenden würden. Vielmehr ist Meine Zeit mit Cézanne ziemlich ruhig, fast schon stoisch bei der Begleitung seiner beiden Protagonisten. Größere Experimente wagt die Regisseurin Danièle Thompson hier nicht, von einigen Rückblenden abgesehen geht sie streng chronologisch vor, von der Jugend bis ins hohe Alter. Spannung wird hier lediglich durch den Kontrast zwischen den beiden Männern erzeugt. Auf der einen Seite der aufbrausende Cézanne aus gutem Hause, der immer wieder angefangene Arbeiten zerknüllt und durch die Gegend wirft. Auf der anderen Seite der aus schwierigen Verhältnissen stammende Halbwaise Zola, analytisch, ruhig, ein bisschen unterkühlt.
Warum die beiden nun so gute Freunde waren, das wird nicht immer ganz klar, dafür konzentriert sich der Film zu sehr auf die Konflikte zwischen den beiden, ohne auch die positiven Eigenschaften mal hervorzuheben. Das macht es insgesamt etwas schwierig, das Auf und Ab nachzuvollziehen bzw. emotional zu begleiten. Bedauerlich ist auch, dass die beiden Figuren als Künstler relativ wenig in Erscheinung treten. Es wird zwar des Öfteren davon gesprochen, dass der eine den anderen für die eigene Arbeit missbraucht hat, auch die allgemeine Situation für Künstler im Frankreich des 19. Jahrhunderts wird ausführlich beleuchtet. Doch die Überzeugungen, der Antrieb der beiden, der bleibt etwas außen vor. Kunst, das war schon damals ein Luxus, den sich nicht jeder leisten konnte, um in die entsprechenden Kreise und Galerien zu kommen, brauchte es oft die richtigen Beziehungen. Oder eine gute Portion Opportunismus.
Sehenswert ist Meine Zeit mit Cézanne dann auch vor allem für das Zeitkolorit, die warmen Bilder, die schöne Ausstattung. Selbst wer nichts mit den beiden Künstlern anzufangen weiß, findet hier genug Stoff, um die Augen zu beschäftigen – sei es in den Ateliers oder den idyllischen Naturaufnahmen. Nein, das doppelte Biopic macht nicht mehr als es muss, verlässt sich allein auf das Äußere und die beiden Hauptdarsteller. Da Letztere hier aber eine gute Arbeit machen, darf sich der Zuschauer – ein Interesse für das Thema, komplexe Beziehungen oder auch historische Kulissen vorausgesetzt – auf eine kleine Reise begeben und zwei große Männer kennenlernen, die in manchen Momenten sehr viel kleiner waren als ihre hinterlassenen Werke.
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